Die Rechtsprechung legt hohe Maßstäbe an die Darstellung und Berechnung der Nutzungsentschädigung im Falle des Widerspruchs bzw. Widerrufs von Lebensversicherungen fest. Anders als beim Widerruf von Darlehensverträgen kommt eine pauschale Berechnung auf der Grundlage des Basiszinses nicht in Betracht.

Schon bei der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche ist der Versicherungsnehmer auf eine sachverständige Berechnung angewiesen. Spätestens im Gerichtsprozess bedarf es eines Privatgutachtens, um die eigenen Ansprüche substantiiert darzulegen. Die Frage ist dann natürlich, ob diese Kosten im Falle eines Gerichtsverfahrens von dem Versicherer zu tragen sind. Es geht um die generelle Frage der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten.

Zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten ist ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs ergangen, Az. VII ZB 56/15 vom 12.09.2018.

Der BGH führt dazu wie folgt aus:

a) § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten erstatten muss, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähige notwendige Kosten solche, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als sachdienlich ansehen darf. Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist auf den Zeitpunkt der Veranlassung der die Kosten auslösenden Maßnahme abzustellen. Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahmsweise die Kosten für die Einholung eines – sei es auch vorprozessual erstatteten – Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind (BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 – VII ZB 18/14 Rn. 12, BauR 2017, 913 = NZBau 2017, 276; Beschluss vom 7. Februar 2013 – VII ZB 60/11 Rn. 24, NJW 2013, 1820 Rn. 24 = BauR 2013, 990; Beschluss vom 26. Februar 2013 Rn. 4 f.- VI ZB 59/12, Rn. 4 f., NJW 2013, 1823; Beschluss vom 24. April 2012 – VIII ZB 27/11 Rn. 3, GuT 2012, 271; Beschluss vom 20. Dezember 2011 – VI ZB 17/11 Rn. 10, BGHZ 192, 140; Beschluss vom 4. März 2008 – VI ZB 72/06 Rn. 6, NJW 2008, 1597; Urteil vom 13. April 1989 – IX ZR 148/88, NJW 1990, 122, juris Rn. 16).

Zwei Voraussetzungen für Erstattungsfähigkeit
Der BGH stellt zwei Voraussetzungen an die Erstattungsfähigkeit:
Die Beauftragung des Privatsachverständigen muss unmittelbar prozessbezogen sein und die verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende beauftragende Partei durfte die Kosten auslösenden Maßnahmen als sachdienlich ansehen. Dazu ist es nicht erforderlich, dass die Beauftragung des Sachverständigengutachtens erst im Laufe des Gerichtsverfahrens erfolgt. Unzulässig wäre es nur, ein Gutachten einzuholen und dann mehrere Monate mit einer Klageeinreichung abzuwarten. Feste Fristen dazu gibt es allerdings nicht.

Sachdienlichkeit
Die Frage, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösenden Maßnahme als sachdienlich ansehen durfte, wird in der Rechtsprechung des BGH in den Fällen bejaht, in denen die Partei infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war, siehe dazu auch BGH, Beschluss vom 01.02.2017 – Az. VII ZB 18/14 Rn. 13.

Aus den oben genannten Gründen dürfte diese Voraussetzung bei Privatsachverständigengutachten zur Ermittlung der Nutzungsentschädigung im Falle des Widerrufs bzw. Widerspruchs von Lebensversicherungen gegeben sein.

Die Kanzlei Dr. Graf vertritt Versicherte beim Widerruf von Lebensversicherungen. Sie arbeitet mit einem erfahrenen Sachverständigenbüro zusammen, das die entsprechenden Gutachten erstellt.

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