Rechtsnormen: § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG; § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG; §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB iVm § 4 Abs. 1 BDSG

Die Bedeutung von Internet-Bewertungsportalen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Nicht nur Bewertungen im Rahmen von eBay-Geschäften oder Hotelübernachtungen dienen Verbrauchern heute häufig als wesentliches Entscheidungskriterium, auch für Mediziner gibt es inzwischen Bewertungsmöglichkeiten.

Ein solches Arzt-Bewertungsportal war zuletzt Gegenstand eines Verfahrens vor dem Amtsgericht München. Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen ein Arzt gegen ihn betreffende Bewertungen vorgehen kann.

Mit Urteil vom 12.10.2012 (Az. 158 C 13912/12) entschied das AG München, dass ein Ärztebewertungsportal dann zulässig ist, wenn eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich ist.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte ist Betreiberin eines Ärztebewertungsportals im Internet. In diesem Portal bietet sie Internetnutzern kostenfrei Such- und Bewertungsoptionen für Ärzte und andere Heilberufsgruppen an. Als Basisinformationen nennt die Beklagte Name, Titel, Fachrichtung, Praxisanschrift und weitere Kontaktdaten sowie ggf. auch Sprechzeiten des jeweiligen Arztes. Nach vorheriger Registrierung können Portalnutzer Bewertungen nach dem Schulnotensystem und zusätzlich Kommentare abgeben. Diese Bewertungen sind dann von den Nutzern der Internetseite einsehbar. Die Beklagte bietet diese als Fremdinformationen an. Ohne vorherige Anmeldung ist keine Bewertung möglich. Zur Anmeldung ist insbesondere die Nennung einer gültigen E-Mail-Adresse erforderlich, die auch verifiziert werden muss.

Der Kläger ist Frauenarzt. Im Bewertungsportal der Beklagten fand er auch Daten über sich. Unter der Nennung seines Namens, seiner Berufsbezeichnung (Dr. med., Gynäkologe) und Anschrift fanden sich folgende drei anonymisierte Bewertungen:

„Bewertung vom 24.01.2012: toller Arzt – sehr empfehlenswert

Bewertung vom 27.01.2012: na ja…

Bewertung vom 15.03.2012: kompetenter, netter Arzt, sehr zu empfehlen!“

Der Kläger setzte sich umgehend mit der Beklagten in Verbindung und forderte die Löschung des auf ihn lautenden Eintrages mitsamt der Bewertungen. Zur Begründung führt er aus, er habe der Speicherung seiner Daten zu keiner Zeit zugestimmt. Nachdem das Portal die Löschung verweigert hatte, erhob er Klage beim zuständigen AG München.

Das Gericht wies die Klage ab. Zu den Gründen führt das Gericht in einer am 07.10.2013 veröffentlichten Presseerklärung aus:

„Nach Auffassung des Amtsgericht steht dem Kläger weder ein Löschungs- noch ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Zwar berührten die Speicherung seiner Daten und die Bewertungen den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit auch seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In der Gesamtschau überwiege jedoch das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs-und Kommunikationsfreiheit.

So sei eine Nachverfolgung im Falle etwaiger beleidigender oder rufschädigender Äußerungen möglich. Aufgrund der notwendigen Registrierung sei der Beklagten die jeweilige E-Mail-Adresse eines Bewerters bekannt und könne dem Arzt mitgeteilt werden, dem es frei stünde, sich bei der Internetbetreiberin zu melden.

Das Recht der Internetbetreiberin auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit werde durch ein Interesse der Öffentlichkeit an der Verfügbarkeit von Daten über medizinische Versorgungsmöglichkeiten zusätzlich noch verstärkt. Es komme der Entscheidung, ob bzw. von welchem Arzt sich der Einzelne behandeln lassen wolle zugute, wenn diese Entscheidung auf eine möglichst fundierte und breite Entscheidungsgrundlage gestellt werden könne. Neben anderen Faktoren bei der Auswahl eines Arztes biete das Internetportal der Beklagten wegen des darin abgebildeten breiten Meinungsbildes dazu eine sinnvolle Möglichkeit. Auch deshalb bestehe ein öffentliches Informationsinteresse an der Veröffentlichung solcher Daten durch die Internetbetreiberin.“

Kommentar: Die Klage hatte von vornherein keine Chance auf Erfolg. Dass Bewertungsportale an sich auch mit Nennung der Bewerteten zulässig sind, ist seit langem anerkannte Rechtsprechung. Der BGH hat für die Frage der inhaltlichen Zulässigkeit von Bewertungen das sog. notice-and-take-down-Verfahren eingeführt.

Falls Sie hierzu Fragen haben sollten, rufen Sie an: 05221 1 87 99 40 oder schreiben Sie eine Email an info@ra-dr-graf.de