In letzter Zeit häufen sich Mandante im Zusammenhang mit negativen Bewertungen im Internet, sei es auf Google+, Jameda oder anderen Bewertungsportalen. Dabei gibt es verschiedene Varianten: Entweder ist die bewertende Person erkennbar und hat also nicht unter einem Pseudonym gepostet oder eben nicht. Im ersten Fall bietet es sich an, diese Person auch in Anspruch zu nehmen. Im zweiten Fall ist das naturgemäß nicht möglich, daher muss man sich an den Betreiber des Bewertungsportals ect. wenden.
Gute Aussichten hat man, wenn offensichtlich falsche geschäftsschädigende Tatsachen behauptet werden. Bei Meinungsäußerungen sieht es etwas komplizierter aus. Wenn diese Schmähkritik sind, kann man auch diese angreifen und notfalls gerichtlich verbieten lassen. Wenn sich diese Meinungsäußerung auf eine Tatsachengrundlage stützt, kann sie ebenfalls überprüft und angegriffen werden.

Ein-Sterne-Bewertung
Das LG Lübeck hatte sich nun mit einem häufiger vorkommenden Fall zu beschäftigen. Dort wurde ein Arzt mit einem von fünf Sternen auf dessen Google+ Profil bewertet. Einen Text zu der Bewertung gab es nicht. Als Autor wird eine mit dem Kläger gleichnamige Person genannt. Der Arzt trägt vor, dass es einen Patienten dieses Namens nicht gebe. Er verlangt Unterlassung und Ersatz von Abmahnungskosten. Google legt im Prozess weder eine Stellungnahme des Autors der Bewertung noch eine die Behandlung belegende Unterlage vor. Der Ein-Sterne-Bewertung könne nicht die Behauptung entnommen werden, dass der Bewertete sich einer ärztlichen Behandlung beim Kläger unterzogen habe. Die Bewertung könne auch damit zusammenhängen, dass der Arzt überhaupt eine Präsenz im Internet habe oder dass es einen Anruf oder ein Versuch bei ihm gegeben habe einen Termin zu bekommen. Der durchschnittliche Internetnutzer erkenne außerdem, dass es sich entweder um einen Scherz gehandelt habe oder er die Identität des Klägers deshalb angenommen habe, um seine eigene Identität nicht preisgeben zu müssen.

Dieser Auffassung folgt das Landgericht Lübeck jedoch nicht. Die Bewertung stelle eine unzulässige Meinungsäußerung dar. In ihr würden sich wertende und tatsächliche Elemente vermengen. Eine Meinungsäußerung ohne jegliche Tatsachengrundlage müsse nicht hingenommen werden. Der Durchschnittsnutzer verstehe den Beitrag so, dass ein Patient die Leistungen des Klägers in Anspruch genommen und dann schlecht bewertet habe. Der Kläger habe lediglich vortragen müssen, einen Patienten des angegebenen Namens nicht behandelt zu haben. Damit habe er ausreichend vorgetragen, dass es der Meinungsäußerung an jeglicher Tatsachengrundlage fehlte. Aufgabe von Google wäre es gewesen, dem substantiiert entgegenzutreten (sekundäre Darlegungslast). Da Google die Bewertung nicht innerhalb angemessener Frist gelöscht habe, sei Wiederholungsgefahr gegeben und die Beklagte zur Unterlassung zu verurteilen.

Keine Erstattung von Abmahnungskosten Abmahnungskosten
Google treffe keine Prüfungspflicht für die Einträge. Erst ab Inkenntnissetzung des Verstoßes sei Google verpflichtet die Löschung vorzunehmen. Daher müssen die Abmahnungskosten nicht übernommen werden.

Praxistipp:
Die Entscheidung entspricht der gängigen Rechtsprechung des BGH. Dieser hat ein so genanntes notice-and-take-down Verfahren vorgesehen. Das bedeutet, dass der Bewertete Google den Rechtsverstoß substantiiert vortragen muss. Google hat dann seinerseits bei dem Bewertenden Erkundigungen einzuholen um zu überprüfen, ob die Bewertung zu Recht ergangen ist oder nicht. Diese Stellungnahme ist an den Bewerteten weiterzuleiten. Im vorliegenden Fall konnte der bewertete Arzt lediglich vortragen, dass es einen Patienten mit diesem Namen bei ihm nicht gibt. Aufgabe von Google wäre es daher gewesen, den Autor des Eintrags anzuschreiben und um Belege zu bitten, die die Patienten Eigenschaft nachweisen. Das ist hier nicht geschehen. Aus diesem Grunde kann auch eine völlig inhaltsleere Ein-Stern-Bewertung gelöscht werden.
Um auch die Abmahnungskosten ersetzt zu bekommen, muss man geschickter vorgehen als im entschiedenen Fall. Da es keine Prüfpflicht von Google gibt, muss Google zunächst unter Fristsetzung zur Löschung aufgefordert werden. Nach Verstreichen der Frist kann dann ein Rechtsanwalt zur weiteren Durchsetzung der Löschungsansprüche eingeschaltet werden. Die Kosten dieser Einschaltung sind dann unter Verzugsgesichtspunkten erstattungsfähig. Wenn man allerdings gleich im 1. Schritt einen Anwalt beauftragt, muss man die Kosten selbst übernehmen. Viele Mandanten wählen dennoch diesen Weg, da es äußerst schwierig ist, eine vernünftige Aufforderung an Google zu richten, die dann auch später gerichtsfest ist.

LG Lübeck, Urteil v. 13.06.2018 Az. 9 O 59/17

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