Rechtsnormen: § 6 Gesetz über die Sonntage und Feiertage (Baden-Württemberg)

Der VGH Mannheim hat mit Urteil vom 15.08.2011 (Az. 9 S 989/09) entschieden, dass in Baden-Württemberg der Betrieb einer Automatenvideothek an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen weiterhin verboten ist.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger betreibt seit Mai 2006 in Achern (Nähe Offenburg) eine Automatenvideothek. Die gesamte Woche können rund um die Uhr DVD‘s über einen speziellen Automaten entliehen werden. Sonn- und Feiertags werden die Datenträger  ausschließlich vollautomatisch vom Automaten abgegeben und angenommen. Eine Kunden-Neuaufnahme sowie sonstiger persönlicher Kundenkontakt ist jedoch nicht möglich und findet nur während der werktäglichen Öffnungszeiten statt. Mit einer Mitgliedskarte erhalten Kunden außerhalb der üblichen Geschäftszeiten Zutritt zur Automatenvideothek. Die Stadt Achern untersagte den Betrieb der Videothek an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen mit Verfügung vom 22.12.2006 und ordnete die sofortige Vollziehung an.
Der VGH Mannheim lehnte den Antrag des Betreibers auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung im Juli 2007 in zweiter Instanz ab.

Der Kläger macht nun erneut geltend, dass in seiner Automatenvideothek entsprechend der Vorschriften zum Feiertagsgesetz nicht „gearbeitet“ werde und somit das Betreiben einer solchen Videothek nicht gegen geltendes Recht verstoße. Das gegen ihn verhängte Verbot verletze ihn in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung, da eine Automatenvideothek nicht anders funktioniere als ein Geld- oder Zigarettenautomat.

Nachdem zunächst das VG Freiburg in erster Instanz den Ausführungen des Klägers nicht folgte, schloss sich nun auch der VGH Mannheim den Ausführungen des Freiburger Gerichts an und wies die Klage zurück. Nach Ansicht des VGH liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor, da die „ladenähnliche“ Automatenvideothek des Klägers weder mit einem Waren- noch mit einem Bankautomaten vergleichbar sei.

Das Gericht führt zur Begründung aus:

Nach § 6 Abs. 1 des baden-württembergischen Sonn- und Feiertagsgesetzes sind an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten verboten, die geeignet sind, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen. Eine solche öffentlich bemerkbare Arbeit stelle auch die automatisierte gewerbliche Vermietung von Videokassetten und DVD’s dar. Selbst wenn der Mietvorgang ohne Mitwirkung von Personal im Inneren eines Ladengeschäfts vorgenommen werde, handele es sich um einen typisch werktäglichen Lebensvorgang, der geeignet sei, die Sonntagsruhe zu beeinträchtigen. Denn werktägliche Betriebsamkeit werde nicht nur durch die in den Verkaufsstellen tätigen Arbeitnehmer, sondern auch durch die ausleihenden Kunden ausgelöst. Der Begriff der Arbeit im Sinne des Sonn- und Feiertagsgesetzes setze ferner keine menschliche Leistung voraus. Eine solche Auslegung hätte in Zeiten zunehmender Technisierung und Automatisierung der werktäglichen Arbeiten sonst die völlige Aushöhlung des Sonntagsschutzes zur Folge.

Der Betrieb einer Videothek lasse sich – ohne eine Ausnahmeregelung des Gesetzgebers – auch nicht mit einem gewandelten Freizeitverhalten der Bevölkerung rechtfertigen. Zwar dienten die vom Antragsteller vermieteten DVD’s auch dem Freizeitvergnügen seiner Kunden an Sonn- und Feiertagen. Sie müssten zu diesem Zweck aber nicht notwendigerweise auch an diesen Tagen entliehen werden. Die Vermietung von DVD’s zur Mitnahme nach Hause diene auch nicht der Deckung eines an Sonn- und Feiertagen bestehenden Publikumsbedarfs an Ort und Stelle, sondern unterscheide sich insoweit vielmehr z.B. von Darbietungen eines Kinos, Theaters oder von Museen. Zwar hätten die meisten Bundesländer den Betrieb von automatischen Videotheken mittlerweile auch an Sonn- und Feiertagen für zulässig erklärt. Dies belege indes lediglich die Notwendigkeit des gesetzgeberischen Tätigwerdens und lasse nicht den Schluss zu, dass eine solche Aktivität generell und bundesweit zulässig sei. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, weil die „ladenähnliche“ Automatenvideothek des Klägers weder einem Waren- noch einem Bankautomaten vergleichbar sei.

Kommentar:

Der VGH ließ die Revision zum BVerwG in Leipzig nicht zu. Binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum BVerwG angefochten werden. Man kann aus den Entscheidungsgründen herauslesen, dass nicht-ladenähnliche Automatenvideothek zulässig sein könnten. Die Frage ist nur, wie diese von den ladenähnlichen abzugrenzen wären. Vorstellbar wäre es, die Automaten wie Geldautomaten zu gestalten.