Der IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. ist der Kanzlei Dr. Graf aus verschiedenen Abmahnungen bekannt. Nach mehreren anderen Gerichten hat nun auch das Landgericht Hannover hat am 30.03.2021 entschieden, dass Abmahnungen des IDO rechtsmissbräuchlich sein können.

In dem Verfahren vor dem LG Hannover (Az. 26 O 64/20) verlangte der Verband die Bezahlung einer verwirkten Vertragsstrafe sowie begehrte Feststellung, dass die von dem Abgemahnten erfolgte Kündigung des von ihm erteilten Vertragsstrafenversprechen unwirksam ist. Der Abgemahnte hatte die geltend gemachte Vertragsstrafe zurückgewiesen und gleichzeitig den Unterlassungsvertrag wegen Rechtsmissbrauch gekündigt. Das LG Hannover geht von einer rechtsmissbräuchlichen Tätigkeit des Vereins gem. § 8 Abs. 2 UWG aus. Es geht dabei um mehrere Aspekte:

  1. Vereinsstruktur: Der Verein hat zwei verschiedene Arten von Mitgliedschaften, nämlich aktive und passive Mitglieder, wobei der Verein nur über wenige aktive Mitglieder verfügt. Dazu führt das Gericht wie folgt aus:

Unstreitig verfügt der Kläger um zwei abgestufte Mitgliedschaften, nämlich eine aktive und eine passive Mitgliedschaft. Dabei sind die passiven Mitglieder von der vereinsinternen Willensbildung ausgeschlossen. Der Kläger hat dazu zwar vorgetragen, dass sie vorhandene Regelung insgesamt praktisch sei und sich im Rahmen der Vereinsautonomie bewege. Kostenträchtige Versammlungen und endlose Debatten mit juristischen Laien könnten vermieden werden. Jedenfalls im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers kann eine solche Konstruktion nach Auffassung der Kammer jedoch nicht als sachgerecht erachtet werden. Diese Konstruktion eröffnet für die wenigen aktiven Mitglieder des Vereins die Möglichkeit, die Struktur des Vereins nach ihrem Interesse zu gestalten, abgesehen davon, dass die Struktur bedenklich erscheint im Hinblick auf das Demokratieprinzip. Dieses findet im Hinblick auf die Vereinsautonomie nur eingeschränkt Anwendung, hat aber indessen ihre Grenze darin, wenn über die Angelegenheiten des Vereins ausschließlich bestimmte Mitglieder entscheiden (Palandt- Ellenberger, BGB, 80. Aufl. 2021, RN 8 zu § 25 unter Hinweis auf OLG Celle NJW-RR 5, 1273). Jedenfalls kann vorliegend durch die Organisation des Klägers effektiv verhindert werden, dass die Mitglieder wesentlichen Einfluss auf die Geschicke des Vereins nehmen. Der Vereinsvorstand des Klägers entscheidet über die Aufnahme von neuen Mitgliedern, so dass die Möglichkeit besteht, unliebsame Bewerber abzulehnen.

2. Finanzielle Ausgestaltung: Schon in anderen Gerichtsverfahren wurden Fragen aufgeworfen zu hohen Verdiensten von Mitarbeitern, so auch hier:

Die Beklagte hat jedenfalls hinreichen auf Bedenken hinsichtlich der finanziellen Ausgestaltung des Klägers hingewiesen, insbesondere auf Verdienste von einzelnen Mitarbeitern und auf die Frage nach Finanzflüssen innerhalb des Klägers. Zwar ist die grundsätzlich davon auszugehen, dass letztendlich die Beweislast für Rechtsmissbrauch bei dem Beklagten liegt. Den Anwürfen des Beklagten, die gerade unter Hinweis auf Entscheidungen anderer Gerichte beruhen, sind jedenfalls soweit substantiiert, dass der Kläger gehalten war, dazu Stellung zu nehmen. Konkrete Tatsachen hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.

 

3. Planmäßiges Verschonen der eigenen Mitglieder: Das Gericht setzt sich mit der Frage auseinander, ob sich Rechtsmissbrauch daraus ergibt, dass der Verein eigene Mitglieder planmäßig verschone:

Ebenfalls hat der Beklagte mit hinreichender Substanz dazu vorgetragen, dass der Kläger eigene, auch passive Mitglieder planmäßig von Maßnahmen verschone. Zwar war der Beklagte für diesen Vortrag ebenfalls vortrags- und beweispflichtig, jedoch ist der Kläger auch diesem Vonwurf nicht entscheidend mit Substanz entgegengetreten. Insgesamt entsteht dadurch das Gesamtbild des Klägers, dass sich Gewerbetreibende auf dem Gebiet des Onlinehandels mit einer passiven Mitgliedschaft von dem Risiko freikaufen, vom Kläger wegen wettbewerbswidrigen Handelns auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, ihnen Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke des Klägers jedoch versagt bleiben.

 

Gegen dieses Urteil der IDO Berufung beim OLG Celle eingelegt, es ist daher noch nicht rechtskräftig.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung oder der Geltendmachung von Vertragsstrafen durch den IDO.