Mit Urteil vom 27.09.2012 (Az. 9 U 73/11) hat das OLG des Landes Sachsen-Anhalt entschieden, dass ein britisches Unternehmen auch ohne gültige Konzession weiterhin in Deutschland online-Sportwetten anbieten darf.

Zum Sachverhalt:

Ohne behördliche Genehmigung bietet ein britisches Unternehmen in Deutschland online-Sportwetten an. Hiergegen ging Lotto Toto Sachsen-Anhalt, staatlicher Monopolist, vor und verklagte die Briten auf Schadensersatz.

Nachdem das erstinstanzliche LG Magdeburg (Urt. v. 11.03.2011,  Az.  36 O 235/07) die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Schadensersatzzahlung verurteilt hatte, hob das OLG Naumburg im Berufungsverfahren die erstinstanzliche Entscheidung auf.

Das OLG führt zwar aus, dass man eine Lizenz brauche, um Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln. Gemäß dem bis 30.06.2012 gültigen Glücksspielstaatsvertrag konnte eine solche Lizenz jedoch nur von Mitgliedern des staatlichen Lotto und Toto-Bundes (DLTB) erfolgreich beantragt werden. Dies hatte einen völligen Ausschluss privater Anbieter zur Folge. Nach Ansicht des OLG Naumburg ist ein damit einhergehendes Tätigkeitsverbot für private Anbieter jedenfalls mit Bezug zum EU-Ausland (wie hier) mit geltendem EU-Recht nicht vereinbar. So sehe der AEUV vor, dass „Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die in einem anderen Mitgliedsstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, (…) verboten sind“. Eine Einschränkung dieser Freiheit sei zwar aus zwingenden Gründen, wozu auch der Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Glücksspiels zählt, zulässig; jedoch müsse ein solcher Schutz auch in sich stimmig und konsequent sein, also dem Kohärenzgebot entsprechen.

Das OLG führt in seiner Presseerklärung vom 08.10.2012 aus, dass seitens des staatlichen Monopolisten nicht beachtet worden sei, dass die Werbung des Deutschen Lotto und Toto Bundes nicht über eine bloße Information hinausgehen dürfe. Insbesondere dürfen Wetten nicht als sozialverträgliche Unterhaltung positiv dargestellt werden.

Konkret bezogen auf die Werbung des DLTB führt das Gericht aus:

„Wegen der verwendeten Slogans, der Hinweise auf die gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen und der Steigerung der Werbeausgaben anlässlich bedeutender sportlicher Ereignisse gehe das Oberlandesgericht hier indes von einer umsatzsteigernden und damit unzulässigen Werbepolitik des DLTB aus. Maßgebliche Bedeutung komme ferner dem Umstand zu, dass die Bundesrepublik neben dem Monopol auf Lotterien und Sport ein breites (legales) Angebot zulasse. Inzwischen entfalle nur noch ca. ein Drittel des Umsatzes des gesamten Glücksspielmarktes auf Lotto 6 aus 49 und Oddset, während je ein weiteres Drittel in Spielbanken und mit Geldautomaten erzielt würde, die mit Abstand das höchste Suchtpotential hätten. Weil insbesondere suchtgefährdete Spieler auf dieses Alternativangebot auswichen, könne das Monopol die mit ihm beabsichtigten Wirkungen allenfalls noch in einem kleinen Teilbereich erzielen und werde seiner Funktion nicht mehr gerecht. Daher dürfe die Dienstleistungsfreiheit der britischen Anbieter nicht beschränkt werden.“

Da die Konzessionierung nach dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag noch nicht abgeschlossen ist, darf das britische Unternehmen weiterhin Sportwetten veranstalten.

Kommentar:

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG des Landes Sachsen-Anhalt ließ die Revision zum BGH wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Sache zu.

Zum 01. Juli 2012 trat der Erste Glücksspieländerungsvertrag, der ein Konzessionsmodell vorsieht, in Kraft. 20 private Anbieter erhielten im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung, die am 12.09.2012 auslief, die Möglichkeit einer Konzessionierung, zunächst auf einen Zeitraum von sieben Jahren befristet. Die Konzessionsvergabe ist noch nicht abgeschlossen.