Rechtsnorm: § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBi; § 626 Abs. 1 BGB

Mit Urteil vom 10.10.2012 (Az. 3 Sa 644/12) hat das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Ausbildungsvertrages seitens des Arbeitgebers dann zulässig ist, wenn sich der Auszubildende zuvor via Social Media (Facebook) beleidigend über seinen Arbeitgeber äußerte.

Zum Sachverhalt:

Streitgegenstand ist die fristlose Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses.

Seit September 2010 wurde der Kläger vom Beklagten zum Mediengestalter Digital und Print mit der Fachrichtung Gestaltung und Technik ausgebildet. Der Beklagte bietet Internetdienstleistungen an; u.a. erstellt er für Kunden Facebook-Profile. Der Kläger postete auf seinem privaten Facebook-Profil unter der Rubrik „Arbeitgeber“ folgenden Eintrag: „Arbeitgeber: menschenschinder & ausbeuter / Leibeigener – Bochum / daemliche scheisse fuer mindestlohn — 20 % erledigen“.
Nachdem der Beklagte diesen Eintrag bemerkt hatte, kündigte er mit Schreiben vom 21.06.2011 den Ausbildungsvertrag umgehend fristlos.

Hiergegen ging der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage vor.  Er ist der Ansicht, die Kündigung sei nicht gerechtfertigt. Zur Begründung führt er aus, er habe den Beklagten nicht auf sein Facebook-Profil hingewiesen und habe ihn auch nicht beleidigen wollen. Auch sei die Äußerung nicht auf den Beklagten bezogen gewesen. Zudem habe er nicht damit rechnen müssen, dass der Beklagte sich sein Facebook-Profil ansehe. Zwar sei der Eintrag unsachlich, er stelle aber keine Formalbeleidigung, Schmähung oder Angriff auf die Menschenwürde des Beklagten dar. Weiter behauptet der Kläger, die Äußerung sei übertrieben und lustig gemeint gewesen. Außerdem habe er gegenüber seinen Freunden das Recht auf freie Meinungsäußerung. Hiervon seien auch polemische Äußerungen gedeckt.

Das erstinstanzliche Arbeitsgericht Bochum (Urt. v. 29.03.2012- 3 Ca 1283/11) entschied zugunsten des Auszubildenden und stellte fest, dass auch schwere Verunglimpfungen über das soziale Netzwerk Facebook die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses nicht rechtfertigen. Dem Arbeitgeber stünden eine Reihe mildere Mittel der Sanktion (u.a. Abmahnung, Kritikgespräch) zur Verfügung.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hob diese Entscheidung nun auf und bestätigte die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers.

Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei den Äußerungen des Azubis um Beleidigungen, woraufhin dieser mit folgenschweren Auswirkungen auf den Bestand seines Ausbildungsvertrages habe rechnen müssen, zumal die Beleidigung einer Vielzahl von Personen öffentlich zugänglich gewesen sei. Da der Kläger bei Zugang der Kündigung bereits das 26. Lebensjahr vollendet hatte, stünden auch die Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung nicht entgegen.

Kommentar:

Eine Revision zum Bundesarbeitsgericht ließ das LAG nicht zu; allerdings steht dem fristlos entlassenen Azubi die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde offen.