Rechtsnormen: §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 , 5 Abs. 1 UWG

Mit Urteil vom 10.08.2012 (Az. 6 U 27/12) hat das OLG Köln entschieden, dass ein vorzeitiger Abbruch einer Rabattaktion im Einzelhandel unzulässig ist, wenn zuvor in den Teilnahmebedingungen auf die Möglichkeit eines solchen Abbruchs nicht hingewiesen worden ist.

Zum Sachverhalt:

Die beklagte Einzelhandelskette führte 2011 in Kooperation mit einem Messer-Hersteller eine Rabattmarkenaktion durch. Kunden konnten während des Aktionszeitraums durch ihren Einkauf Rabattmarken erwerben, um diese in ein Rabattheftchen einzukleben und hiermit schließlich vergünstigt Messer der Firma Zwilling erwerben zu können. Die Kette beendete Aktion bereits zwei Monate vor dem in den Teilnahmebedingungen angegebenen Termin. Zur Begründung gab das Unternehmen eine zu hohe Nachfrage an, wodurch die Kapazitätsgrenze des Messerherstellers überschritten sei.

Eine Verbraucherzentrale erachtete das vorzeitige Abbrechen der Aktion als wettbewerbswidrig und nahm die Beklagte in Anspruch. Nachdem das erstinstanzliche LG Köln die Klage zunächst abgewiesen hatte, gab das OLG Köln im Berufungsverfahren dem klägerischen Antrag nun statt.

Zur Begründung führt das OLG aus:

„Der Anspruch folgt aber aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 2 , 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die Durchführung einer Rabattaktion unter den streitgegenständlichen Umständen stellt eine Irreführung der Verbraucher dar und verstößt gegen § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 2 UWG. Die angesprochenen Verkehrskreise werden der Auslobung der bis zum 23.07.2011 befristeten Rabattaktion der Beklagten entnommen haben, dass sie bis zu jenem Tag an ihr würden teilnehmen, also insbesondere Rabattmärkchen erhalten und diese für den günstigen Erwerb (u.a.) eines Messers von Y würden verwenden können. Der Verbraucher ist an befristete Verkaufsaktionen im Einzelhandel gewöhnt und erwartet (vorbehaltlich allenfalls einer Insolvenz des Unternehmens), dass der angegebene Aktionszeitraum eingehalten wird. Insbesondere rechnet er – was die Beklagte auch selbst nicht vorträgt – nicht damit, dass derartige Rabattaktionen bei großem Erfolg verkürzt werden könnten. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine Verkürzung bestanden auch im Streitfall für die angesprochenen Verkehrskreise nicht. Deren mithin hervorgerufene Vorstellung, dass die Aktion uneingeschränkt wie vorgesehen durchgeführt werden würde, war indes unzutreffend, weil die Beklagte tatsächlich die Aktion bereits (sogar wesentlich) früher als vorgesehen, nämlich am 28.5.2011, beendet hat. Auf die streitige Frage, ob und wie lange schon vorher erworbene Rabattmärkchen in vollen Rabattheften nach diesem Tag noch zum verbilligten Erwerb eines Messers werden konnten, kommt es insoweit nicht an, weil jedenfalls die Erwartung des Publikums enttäuscht worden ist, noch bis zum 23.7.2011 durch sein Einkaufsverhalten die Voraussetzungen für den günstigen Erwerb eines Messers schaffen zu können. (…) Ungeachtet dessen wäre der Anspruch aber auch begründet, wenn man mit Blick auf den Umstand, dass die vorzeitige Beendigung der Verkaufsförderungsmaßnahme in der begrenzten Lieferkapazität des Herstellers der Messer begründet war, die Grundsätze der Rechtsprechung zum Vorwurf des Vorratsmangels heranziehen würde. Danach kommt es für die Frage, welche Vorratsmenge angemessen ist, auf die Umstände des Einzelfalls und insbesondere auf die Verbrauchererwartung an (vgl. Bornkamm a.a.O.,  Rz 8.16). Indes erwartet der Verbraucher, dass der Einzelhändler, der eine befristete Rabattmarkenaktion durchführt, vorher Vereinbarungen mit dem Lieferanten trifft, durch die sichergestellt wird, dass die Rabattmarken auch in dem gesamten vorgesehenen Zeitraum erworben und eingelöst werden können. Die Erwartungen sind diesbezüglich hoch (vgl. auch Fezer/Steinbeck, UWG, 2. Aufl., § 4 – 4 Rz 47). Denn der Verbraucher benötigt einen gewissen Zeitraum, um durch Einkäufe genügend Rabattmarken erwerben und das jeweilige Rabattheftchen vollkleben zu können. Er wird aus diesem Grunde dem Händler ein gesteigertes Vertrauen darauf entgegenbringen, dass die Aktion auch bis zum Ende durchgeführt wird. Dabei erwartet er, dass der Veranstalter sich an dem Erfolg vergleichbarer früherer Maßnahmen orientiert und gerade bei besonders attraktiven Angeboten wie dem vorliegend zu beurteilenden auch mit einer sehr hohen Nachfrage rechnet (vgl. zu letzterem für den Fall der Vorratshaltung Bornkamm a.a.O., Rz 8.16). Das gilt hier umso eher, als der Verbraucher annehmen wird, dass die Beklagte die Aktion unmittelbar mit der Fa. Y vereinbart habe und diese als Herstellerin in großem Umfang lieferfähig sei. Diesen Anforderungen ist die Beklagte nicht gerecht geworden. (…) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Beklagten eine Irreführung des Verbrauchers vorzuwerfen. Zwar habe die Beklagte zunächst vorgehabt, die Aktion wie vorgesehen zu Ende zu führen und sei später nur deswegen davon abgerückt, weil der Erfolg von ihr unvorhergesehen so durchschlagend war, dass das Unternehmen auch unter Auslastung aller Kapazitäten die Nachfrage, die auf 4,5 Millionen Stück geschätzt wurde, nicht hätte befriedigen können. Jedoch erwarte der Verbraucher bei der Teilnahme an einer Rabattmarkenaktion, dass sich das anbietende Unternehmen so hinreichend mit den verbilligt angebotenen Waren eingedeckt habe, dass er auch gegen Ende des angekündigten Aktionszeitraumes noch von dem Angebot zum verbilligten Erwerb Gebrauch machen könne. Sei dies tatsächlich nichtder Fall, liege in der einschränkungslosen Angabe eines Endzeitpunktes des Sonderverkaufs eine Irreführung der Marktteilnehmer. Zudem habe die Beklagte den großen Erfolg der Rabattmarkenaktion aufgrund ähnlich großer Erfolge früherer Aktionen voraussehen können und hätte sich daher ausreichend bevorraten müssen.“

Kommentar:

Wegen der abweichenden Entscheidung zur Vorinstanz und mangels einer höchstrichterlichen Klärung ließ das OLG Köln die Revision zum BGH zu. Der Bundesgerichtshof wird die Sache wohl zu überprüfen und die grundsätzliche Rechtslage bei vorzeitig abgebrochenen Rabattaktion zu klären haben.