In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Domaininhaber von Markeninhabern abgemahnt werden zwecks Unterlassung der Nutzung oder sogar Herausgabe ihrer Domain.

Wie ist die Rechtslage, wenn die Registierung der Domain vor Anmeldung der Marke beim Markenamt erfolgt ist?

Man könnte ja daran denken, dass die reine Registrierung kein Abwehrrecht gegen die wirksam eingetragene Marke darstellen kann. Dann wäre die Abmahnung berechtigt. Diese Frage hat der BGH zum Glück eindeutig beantwortet. In seiner Entscheidung vom 24. 04. 2008 – I ZR 159/05 – afilias.de kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass eine jüngere Marke sich in der Regel nicht gegen eine schon vorher registrierte Domain durchsetzt. Das Gericht führt dazu folgendes aus:

Der gegenteiligen Ansicht des Berufungsgerichts, nach der es für den Anspruch des Berechtigten gegen den Domaininhaber wegen Verletzung des Namensrechts nicht von Bedeutung ist, ob der Berechtigte das Namensrecht erst nach der Registrierung des Domainnamens erworben hat, kann nicht beigetreten werden. Allerdings wird die Ansicht vertreten, der Inhaber eines Unternehmenskennzeichens könne gegenüber jedem, der einen mit seinem Unternehmenskennzeichen übereinstimmenden Domainnamen für private oder sonstige außergeschäftliche Zwecke benutze und sich nicht auf ein Kennzeichen- oder Namens-recht an dem Domainnamen berufen könne, nach § 12 BGB Unterlassungs- und Löschungsansprüche geltend machen, selbst wenn die Registrierung des Domainnamens vor der Entstehung des Unternehmenskennzeichens erfolgt sei (Bet-tinger aaO Rdn. DE 403 und 370 sowie – zur Marke – DE 128 und 124; ebenso Bröcher, MMR 2005, 203, 206 f.). Dies wird damit begründet, dass allein durch die Registrierung kein absolutes Recht an dem Domainnamen entstehe.

Die Revision macht demgegenüber zu Recht geltend, dass die Registrierung eines zum Zeitpunkt der Registrierung in keinerlei Rechte eingreifenden Domain-namens im Hinblick auf die eigentumsfähige, nach Art. 14 GG geschützte Position des Domaininhabers nicht ohne weiteres wegen später entstandener Namensrechte als unrechtmäßige Namensanmaßung qualifiziert werden kann (vgl. LG München I MMR 2004, 771, 772). Auch wenn der Domaininhaber durch die Registrierung kein absolutes Recht an dem Domainnamen erwirbt, begründet der Vertragsschluss mit der Registrierungsstelle doch ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht, das dem Inhaber des Domainnamens ebenso ausschließlich zugewiesen ist wie das Eigentum an einer Sache (BVerfG GRUR 2005, 261). Es begegnet zwar keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass derjenige, der durch die Registrierung eines Domainnamens bereits bestehende Kennzeichen- oder Namensrechte verletzt, zur Beseitigung der Störung verpflichtet ist (vgl. BVerfG GRUR 2005, 261 f.). Anders verhält es sich aber, wenn das Namensrecht erst nach der Registrierung entsteht. In einem solchen Fall setzt sich das Namensrecht des Berechtigten nicht ohne weiteres gegenüber dem Nutzungsrecht des Domaininhabers durch; vielmehr ist eine Abwägung der betroffenen Interessen geboten.

Dabei wird sich der Dritte, der den Domainnamen als Unternehmenskennzeichen verwenden möchte, regelmäßig nicht auf ein schutzwürdiges Interesse berufen können. Er kann vor der Wahl einer Unternehmensbezeichnung, die er auch als Internet-Adresse verwenden möchte, unschwer prüfen, ob der entsprechende Domainname noch verfügbar ist; ist der gewünschte Domainname bereits vergeben, wird es ihm oft möglich und zumutbar sein, auf eine andere Unternehmensbezeichnung auszuweichen. Die Interessenabwägung geht dann in aller Regel zugunsten des Domaininhabers aus. Anders verhält es sich allerdings, wenn es dem Domaininhaber wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen. So verhält es sich insbesondere dann, wenn der Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren ließ, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 – I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 – Analgin; Urt. v. 19.2.1998 – I ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1036 f. = WRP 1998, 978 – Makalu; Urt. v. 23.11.2000 – I ZR 93/98, GRUR 2001, 242, 244 = WRP 2001, 160 – Classe E; Beschl. v. 30.10.2003 – I ZB 9/01, GRUR 2004, 510, 511 = WRP 2004, 766 – S100; OLG Hamm MMR 2005, 377, 382 f.).

Wenn also kein Fall einer missbräuchlichen Registrierung der Domain vorliegt, geht eine entsprechende Abmahnung des Marken- oder Namensinhabers ins Leere. Eine durchaus sachgerechte Entscheidung des BGH.

Eine ganz andere Frage ist, ob der Domaininhaber selbst gegen den Abmahnenden vorgehen kann. Das hängt davon ab, ob die Domain selbst zu einem Kennzeichenrecht erstarkt ist.