Rechtsnormen: §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG

In ihrer aktuellen Ausgabe (Heft 07/2011) veröffentlicht die „Stiftung Warentest“ wieder neue Testergebnisse zur Qualität von Sonnenschutzmitteln. Das OLG Hamburg hatte sich vor einiger Zeit (Beschl. v. 10.10.2008, Az. 3 W 134/08) mit der Frage zu beschäftigen, ob die Bewerbung eines Sonnenschutzmittels mit Vorjahres-Testergebnissen der Stiftung Warentest zulässig ist oder einen Wettbewerbsverstoß durch irreführende Werbung darstellt. Das Gericht entschied, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn zur Werbung Vorjahres-Testergebnisse herangezogen werden, obwohl sich zwischenzeitlich die Kriterien für die Beurteilung des beworbenen Produkts erheblich verändert haben.

Zum Sachverhalt:

Mit dem zutreffenden Testergebnis „gut“ aus dem Jahr 2007 bewarb die Antragsgegnerin 2008 eines ihrer Sonnenschutzmittel. Mittlerweile legte die Stiftung Warentest andere Maßstäbe für ihre Tests zugrunde, prüfte aber für das neue Heft das noch im Vorjahr mit „gut“ bewertete Produkt der Antragsgegnerin nicht wieder. Wie das Produkt der Antragsgegnerin bei einem erneuten Test abgeschnitten hätte, ist unbekannt.

Das OLG Hamburg entschied, dass die Antragsgegnerin hierdurch irreführend wirbt, da sich zwischenzeitlich die Kriterien von Stiftung Warentest für die Beurteilung von Sonnenschutzmitteln erheblich verändert haben. Der Verbraucher gehe regelmäßig davon aus, dass sich die Untersuchungsmethoden von Stiftung Warentest am Stand der Technik orientieren, die Testergebnisse also eine objektive Aussage über die Qualität anhand vorgegebener Kriterien darstellen. Auch sei für den Verbraucher durch eine Weiterverwendung des alten Testergebnisses zu schließend, dass das beworbene Testergebnis nach wie vor aktuell und nicht durch neue Erkenntnisse oder Bewertungskriterien überholt sei. Hierdurch werde der Verbraucher getäuscht.

Das Gericht führt aus:

Nunmehr wird die Bestimmung und vergleichende Bewertung der UVA-Schutzleistung nicht mehr nach der DIN 67502, sondern nach den COLIPA-Guidelines vorgenommen. Diese berücksichtigen bei der Bestimmung der UVA-Schutzwirkung nicht nur das UVA/UVB-Verhältnis, sondern weiter auch die Möglichkeit der Photodegradation der UVA-Filter. (…) Wie das Produkt der Antragsgegnerin bei einer Bewertung nach diesen Kriterien abschneidet, ist offen. (…) Der angesprochene Verkehr geht regelmäßig davon aus, dass sich die Untersuchungsmethoden von Stiftung Warentest am Stand der Technik orientieren, die Testergebnisse mithin eine objektive Aussage über die Qualität anhand vorgegebener Kriterien darstellen (BGH GRUR 1985, 932, 933 – Veralteter Test). Liegen Erkenntnisse vor, die eine andere Beurteilung bereits geprüfter Waren rechtfertigen können, und haben derartige Entwicklungen -wie hier- in der Veröffentlichung neuer Testergebnisse Ausdruck gefunden, die Waren der früher getesteten Art betreffen, ist nicht nur die Richtigkeit der früheren Testergebnisse zweifelhaft, vielmehr nimmt der Verkehr durch die Weiterverwendung des alten Testergebnisses auch an, dass das werblich herausgestellte Testergebnis nach wie vor aktuell und nicht durch neue Erkenntnisse oder Bewertungskriterien überholt ist, das „alte“ Prüfergebnis also weiterhin Bestand hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Produkt der Antragsgegnerin in dem Test aus dem Jahre 2008 (6/2008- Anlage Ast 14) nicht geprüft worden ist. Für die Frage, ob ein neues Testergebnis vorliegt, kommt es im Hinblick auf die von den Tests jeweils betroffenen Waren nicht darauf an, ob in dem neuen Test dasselbe Produkt getestet worden ist, das in den früheren Test einbezogen war. Maßgeblich ist vielmehr, ob der neue Test dieselbe Art der Ware – hier: Sonnenschutzmittel- betrifft, die in dem früheren Test getestet worden ist.

Da das Produkt der Antragsgegnerin im Test 2008 nicht mehr mit getestet worden ist, war das in der Werbung der Bekl. verwendete Qualitätsurteil aus dem Jahre 2007 nicht mehr aktuell, insbesondere hatten sich die Bewertungskriterien geändert, so dass die weitere Verwendung des überholten Qualitätsurteils „GUT“ für das Produkt der Antragsgegnerin irreführend geworden ist.

Kommentar:

In einem ähnlichen Fall entschied das LG Nürnberg-Fürth mit Urt. v. 29.08.2007 (Az. 4 HK O 2009/07), dass die Bewerbung von Produkten mit nicht mehr aktuellen Testurteilen der Stiftung Warentest einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Konkret bewarb ein Elektrogerätehändler einen Elektrorasierer mit dem Stiftung Warentest-Testurteil „gut“, obwohl zwischenzeitlich bereits ein neuer Test durchgeführt worden war, bei dem das Gerät mit lediglich „befriedigend“ abschnitt.