Rechtsnormen: § 97 Abs. 2 UrhG, § 19a UrhG

Mit aktuellem Urteil (Urt. v. 08.01.2014, Az. – I ZR 169/12 – BearShare) hat der BGH entschieden, dass ein Familienvater, der Inhaber eines Internetanschlusses ist, nicht für das illegale Filesharing seines volljährigen Sohnes haftet, wenn er keine Anhaltspunkte für die Rechtsverletzungen hatte.

Zum Sachverhalt:

Beklagter ist der Inhaber eines Internetzugangs, in dessen Haushalt außer ihm auch seine Ehefrau und sein 20-jähriger Stiefsohn leben. Die Klägerinnen, vier Musikkonzerne, warfen dem Beklagten vor, über seinen Internetzugang seien Mitte 2006 knapp 4000 Musikdateien, an denen ihnen die ausschließlichen Verwertungsrechte zustünden, in der Internettauschbörse „BearShare“ zum Download angeboten worden. Sie ließen den Beklagten anwaltlich abmahnen, woraufhin der Beklagte ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab. Die eingeforderten Abmahn- und Anwaltskosten zahlte er nicht. Mit ihrer Klage fordern die Musikkonzerne vom Beklagten daher die Zahlung der geltend gemachten Kosten iHv knapp 3500 Euro.

Der Beklagte hält der Forderung entgegen, nicht er sei für die von den Klägerinnen vorgebrachten Rechtsverletzungen verantwortlich, sondern sein damals 20-jähriger Stiefsohn. Dieser habe die Musikdateien über den Internetanschluss in der Tauschbörse heruntergeladen und öffentlich zugänglich gemacht. Diese Angaben bestätigte der Sohn auch im Rahmen seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung.

Nachdem das erstinstanzliche LG Köln (Urt. v. 24.11.2010 – 28 O 202/10) der Klage stattgegeben hatte und dieses Urteil von der Berufungsinstanz (OLG Köln, Urt. v. 22.07.2011- 6 U 208/10) bestätigt worden war, legte der Beklagte das Rechtsmittel der Revision zum BGH ein.

Der BGH entschied nun abweichend zugunsten des Vaters und hob die vorherigen Entscheidungen auf. Das Gericht begründet seine Entscheidung insbesondere damit, dass volljährige Familienangehörige für ihre jeweiligen Handlungen selbst verantwortlich sind. Erst durch einen konkreten Anlass, bspw. eine Abmahnung, könne vom Anschlussinhaber verlangt werden, das Handeln seiner Familienangehörigen zu überwachen. Vorliegend hatte der Vater keine hinreichenden Anhaltspunkte für das rechtswidrige Verhalten seines Stiefsohns. Eine Störerhaftung des Vaters lehnte das Gericht daher ab.

Zur Begründung führt der BGH in seiner Pressemitteilung 5/2014 vom 08.01.2014 aus:

„Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.“

Kommentar:

Die Kanzlei Dr. Graf ist u.a. auf das Internetrecht spezialisiert. Falls Sie Fragen zum Thema Filesharing haben sollten, sind wir tel. unter 0 52 21 / 1 87 99 40 oder via E-Mail unter info@ra-dr-graf.de für Sie erreichbar.