Rechtsnormen: §§ 2 Abs. 1, Abs. 4 HmbPSchG

Mit Beschluss vom 10.08.2011 (Az. 4 K 3551/10) hat das Verwaltungsgericht Hamburg dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 2 Absatz 4 des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes (HmbPSchG) verfassungswidrig ist.

Zum Sachverhalt:

Klägerin ist die Inhaberin einer Gastwirtschaft, in der sie warme und kalte Speisen sowie Getränke anbietet. Die Gastwirtschaft ist Teil des an der Ausfahrt Hamburg-Waltershof (BAB 7) gelegenen Autohofes Altenwerder. Dieser Rastplatz dient insbesondere Lkw-Fahrern zur Einhaltung ihrer Ruhepausen. Mitte 2010 beantragte die Klägerin bei der Stadt Hamburg (Beklagte) eine Ausnahmegenehmigung vom Rauchverbot des § 2 Abs. 1 HmbPSchG für einen kleinen Gastraum, um diesen als Raucherraum nutzen zu können. Die Antragstellerin führte aus, etwa 80% ihres Umsatzes mache sie mit Lkw-Fahrern, von diesen seien mindestens 95% Raucher. Da ein vollständiges Rauchverbot ohne Ausnahmegenehmigung zu einem Umsatzrückgang von etwa 60% führen würde, bedrohe dies ihre wirtschaftliche Existenz. Es sei davon auszugehen, dass die Lkw-Fahrer nach Niedersachsen oder Schleswig-Holstein ausweichen, wo Raucherräume erlaubt seien. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, woraufhin die Klägerin Feststellungsklage beim zuständigen VG Hamburg einlegte. Sie begehrt die Feststellung, dass es ihr zusteht, in einem abgeschlossenen Gastraum der Gaststätte „Trucker-Treff“ einen Raucherraum zu betreiben.

Das VG Hamburg hat nun dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die hamburgische Regelung des Passivraucherschutzgesetzes (HmbPSchG), nach der es Inhabern von Schankwirtschaften (Kneipen), nicht aber Gaststättenbetreibern, ausnahmsweise erlaubt ist, abgeschlossene Raucherräume einzurichten, gegen das grundrechtlich geschützte Gleichbehandlungsgebot verstößt. Bevor der Hamburger Rechtsstreit weiter verhandelt und entschieden werden kann, sollen zunächst die Karlsruher Verfassungsrichter über die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift befinden.

Jedenfalls das Hamburger Verwaltungsgericht hält § 2 Abs. 4 HmbPSchG für unvereinbar mit dem Grundrecht der Klägerin auf Berufsausübungsfreiheit in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 12 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 GG). Nach Ansicht der Hamburger Richter verletzte die Regelung, nach der in Kneipen die Einrichtung eines separaten Raucherraumes möglich sei, nicht aber in Gaststättenbetrieben, insbesondere den in Art. 3 Abs. 1 GG garantierten Gleichheitsgrundsatz.

Das Gericht führt aus:

„Wenn der Gesetzgeber selbst Ausnahmen vom Rauchverbot zulasse, müsse er Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Dieser verpflichte den Gesetzgeber, wesentlich gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Die Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften führe aber dazu, dass deren Betreiber unterschiedlich behandelt würden. Betreiber von Speisewirtschaften dürften ihren Gästen anders als die Wirte von Schankwirtschaften keine Raucherräume anbieten. Dafür gebe es keine sachlichen Gründe. In beiden Fällen belaste das Rauchen die Angestellten der Wirte. Angestellte in Speisewirtschaften seien aber nicht schutzwürdiger als Angestellte in Schankwirtschaften. Für den Gesetzgeber seien ohnehin weitere gesundheitspolitische Gründe für die Differenzierung nicht relevant gewesen. Auch das Argument, dass sich vor allem Familien in Restaurants aufhielten und deshalb gegen die Gefahren des Rauchens besonders geschützt werden müssten, sei statistisch nicht belegt. Außerdem dürften sich Jugendliche unter 18 Jahren ohnehin nicht in Raucherräumen von Gaststätten aufhalten.“

Hier die vom BVerfG zu prüfenden Normen des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes (HmbPSchG):

§ 2 Abs. 1 HmbPSchG:
„Das Rauchen ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 verboten in

9. Einrichtungen, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden (Gaststätten), einschließlich Gaststätten, die in der Betriebsart Diskothek geführt werden …“

§ 2 Abs. 4 HmbPSchG:
„In Gaststätten gemäß Absatz 1 Nummer 9, die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20.11.1998 (BGBl I, 3419), zuletzt geändert am 07.09.2007 (BGBl I, 2246, 2257), verfügen, können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. …“