Rechtsnormen: §§ 3, 4 Nr. 11 UWG; § 57 HSGSH; § 43 StBerG

Das OLG Schleswig hat mit Urteil vom 26.05.2011 (Az. 6 U 6/10) einem Steuerberater untersagt, zu Wettbewerbszwecken neben seiner Berufsbezeichnung „Steuerberater“ den slowakischen Titel „doktor filozofie“ in der abgekürzten Form „Dr.“ zu führen.

Zum Sachverhalt:

Der beklagte Steuerberater ist Mitglied der Klägerin, der Schleswig-Holsteinischen Steuerberaterkammer. 2004 erwarb er an einer slowakischen Universität den akademischen Grad „doktor filozofie“. Zugelassene Abkürzung hierfür ist „PhDr.“. In der Folgezeit nutzte er den Titel „Dr.“ auf eigenen Briefbögen und im Briefkopf der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, für die er arbeitet.

Hierin sah die klagende Steuerberaterkammer eine irreführende Werbung. Sie verlangte vom Beklagten, dass dieser seinen Titel ausschließlich in der verliehenen Form unter zusätzlicher Angabe der slowakischen Hochschule (Bratislava) führen solle. Die Klägerin führte aus, beim „doktor filozofie““ handele es sich lediglich um einen so genannten „kleinen Doktorgrad“, der entgegen der Voraussetzung zur Erlangung des Doktorgrades in Deutschland  in der Slowakei kein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetze. Der Steuerberater weigerte sich, der Aufforderung nachzukommen. Infolgedessen verklagte ihn die Kammer auf Unterlassung der Titelführung (in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern und Berlin, da hier Landesgesetze im Rahmen einer Übergangsregelung vorsehen, dass der Steuerberater seinen Titel ohne Herkunftszusatz in der deutschen Form „Dr.“ führen darf, weil er seinen Titel vor September 2007 erworben hatte).

Das Schleswiger Oberlandesgericht gab der Klage nun statt.

In einer Pressemitteilung vom 08.08.2011 führt das Gericht zu den Entscheidungsgründen aus:

„Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegt in dem Verhalten des Steuerberaters ein Wettbewerbsverstoß vor. Potentielle Kunden sollen aus der Berufsbezeichnung und gegebenenfalls den zusätzlichen akademischen Graden ersehen können, dass eine bestimmte Qualifikation des Steuerberaters gegeben sei. Führe der Steuerberater den „Dr.“- Titel ohne Befugnis, so liege eine unlautere geschäftliche Handlung vor. Welche ausländischen akademischen Titel in Deutschland geführt werden dürften, bestimmen die Hochschulgesetze der einzelnen Bundesländer. Diese sehen (mit Ausnahme von Bayern und Berlin für Altfälle) vor, dass der slowakische Titel „doktor filozofie“ nur in der Originalform oder in der Originalabkürzung „PhDr.“ geführt werden dürfe. Denn der slowakische Abschluss stehe lediglich einem Aufbaustudiengang gleich, beinhalte nicht aber eine eigenständige wissenschaftliche Forschungsleistung wie bei einer wissenschaftlichen Promotion (sogenannte dritte Stufe der Bologna-Klassifikation).“

In seiner Urteilsbegründung geht das Gericht näher aus die Problematik der „üblichen Abkürzung“ ein:

„Die Zulässigkeit der Titelführung ergibt sich auch nicht daher, dass die Abkürzung „Dr.“ nach dem Vortrag des Beklagten in der Slowakei allgemein üblich ist. Bei der in § 57 Abs. 1 S. 2 HochschulG genannten Alternative der allgemein üblichen Abkürzung handelt es sich nämlich nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift um eine nachrangige Alternative, d.h. es darf eine allgemein übliche Abkürzung überhaupt nur genutzt werden, wenn es keine zugelassene Abkürzung gibt. Es ist schon tatsächlich schwer vorstellbar, dass es im Herkunftsland eine allgemein übliche Abkürzung gibt, die von derjenigen abweicht, die nach der Verleihungsurkunde allein zulässig ist. Zumindest aber wäre die Konsequenz aus einer Gleichrangigkeit der beiden Alternativen nicht wünschenswert. Es könnte dann nämlich dazu führen, dass in dem Ausland allein eine Abkürzung erlaubt und die dem widersprechende, allgemein genutzte Abkürzung rechtswidrig wäre, in Deutschland aber diese rechtswidrige Abkürzung in zulässiger Weise geführt werden dürfte (vgl. dazu auch VG Arnsberg, Beschluss v. 16.04.2009, Az. 9 L 45/09 – juris-Rn. 45). § 57 HochschulG soll aber lediglich die Gleichbehandlung der Bürger innerhalb des europäischen Rechtsraumes sicherstellen und Nachteile bei Grenzüberschreitung vermeiden, nicht aber dazu beitragen, die Regelungen eines Mitgliedsstaates zu umgehen.“