Das OLG München hat mit rechtskräftigem Urteil vom 25.02.2010 (Az. 29 U 5347/09) das Urteil der Vorinstanz LG München vom 16.12.2009 aufgehoben und entschieden, dass durch die Arzneimittelbezeichnung „akut“ bzw. den Namensbestandteil „akut“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht der Eindruck erweckt wird, dass es sich um ein sehr schnell wirkendes Arzneimittel handelt.

Zum Sachverhalt:

Ein Pharmaverband war im Wege einer einstweiligen Verfügung gegen ein Pharmaunternehmen vorgegangen und warf diesem vor, in irreführender Weise für ihr Medikament  „O. akut 20 mg“ zu werben. Der Antragsteller begründete: Mit dem Wort „akut“ verbänden die angesprochenen Verkehrskreise den Eintritt einer besonders schnellen Beschwerdelinderung. Aufgrund des betreffenden Wirkstoffs dauere es allerdings mindestens einen Tag, bis Linderung der Beschwerden Sodbrennen und saures Aufstoßen beginne. Weil dem Präparat eine nicht vorhandene Wirkung beigelegt werde, liege somit ein Verstoß gegen § 3 Nr. 1 HWG vor. Außerdem verstoße das Pharmaunternehmen mit ihrem Präparat gegen § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da das Medikament mit einer irritierenden Angabe versehen sei. Demgegenüber vertrat der Antragsgegner die Ansicht, das Wort „akut“ habe vielmehr die Bedeutung „drastisch, heftig, resolut, …“ und nicht „schnell“. Medizinisch sei „akut“ das Gegenwort zu „chronisch“. Daher müsse die Bezeichnung so verstanden werden, dass das Präparat bei sehr plötzlichen Beschwerden anzuwenden sei. Außerdem trete die Wirkung bereits nach etwa einer Stunde ein. Somit sei auch das Kriterium „schnell“ erfüllt.

Das Gericht hob nun das Urteil der Vorinstanz auf und gab dem Unternehmen Recht. Es begründet seine Entscheidung:

„Der informierte und aufmerksame Durchschnittsverbraucher erwartet bei einer Arzneimittelbezeichnung wie im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Indikationsangaben auf der Verpackung, dass es sich um ein Arzneimittel handelt, das bei Vorliegen der genannten Symptome eine Besserung akuter Beschwerden in einem angemessenen Zeitraum bewirkt.“

 

Bezüglich des fraglichen Wirkungszeitraums nannte das Gericht:

„Eine Angabe zu einer sehr schnellen Wirkung werde der Durchschnittsverbraucher dem Wort „akut“ nicht entnehmen“.

 Im Übrigen gab das Gericht an, das Pharmaunternehmen habe glaubhaft darlegen können, das Präparat wirke bereits nach etwa ein bis zwei Stunden Schmerz lindernd. Damit sei auch das Kriterium des angemessenen Zeitraums erfüllt.

Kommentar:

Arzneimittelhersteller haben infolge dieses Urteils nun ein wenig mehr Handlungsspielraum bei der Benennung ihrer Präparate. Allerdings überzeugt die Urteilsbegründung im Detail nicht. Eine Antwort auf die entscheidende Frage, was unter dem Begriff „akut“ im Pharmagewerbe zu verstehen, bleibt das Gericht schuldig. Nach allgemeiner Verkehrserwartung ist entscheidend, innerhalb welchen Zeitraums das Mittel zur Linderung der betreffenden Beschwerden ansetzt. Anders als in vorliegenden Fall des Sodbrennens, wo Linderung nach 1-2 Stunden als schnell anzusehen ist, darf man bei einem „akut“-Präparat gegen Kopfschmerzen Linderung bereits nach maximal einer Stunde erwarten.