Rechtsnorm: Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG

Mit Beschluss vom 12.09.2012 (Az. 16 W 36/12) hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass ein Artikel eines Printmediums (hier „taz“), der eine Person des öffentlichen Lebens (hier Thilo Sarrazin) in ein mutmaßlich schlechtes Licht rückt, trotz Polemik und überspitzter Kritik noch von der Pressefreiheit gedeckt sein kann.

Zum Sachverhalt:

Im Juni 2012 veröffentlichte die „tageszeitung“ („taz“) einen Artikel über den ehemaligen Politiker und Bundesbanker Thilo Sarrazin, der zuletzt u.a. mit der Veröffentlichung eines Euro-kritischen Buches für Schlagzeilen sorgte. Die „taz“ (Antragsgegnerin) schrieb über Sarrazin (Antragsteller) u.a., er werde „inzwischen von Journalisten benutzt wie eine alte Hure, die zwar billig ist, aber für ihre Zwecke immer noch ganz brauchbar, wenn man sie auch etwas aufhübschen muss … fragt sich nur, wer da Hure und wer Drübersteiger ist?“. In dieser Aussage erkennt der Antragsteller eine Schmähkritik, der er sich nicht weiter ausgesetzt sehen möchte. Daher beantragte er im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Verbot der Verbreitung der Zeitung. Das erstinstanzliche LG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 24.07.2012, Az. 2-3 O 276/12) wies den Antrag jedoch ab. Hiergegen legte Sarrazin Beschwerde beim OLG Frankfurt a. M. ein, das die erstinstanzliche Entscheidung nun jedoch bestätigte.

Zu den Gründen führt das OLG in seiner Presseerklärung vom 14.09.2012 aus (Volltext liegt noch nicht vor):

„Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Grenze zur verbotenen Schmähkritik mit der Äußerung über den Antragsteller noch nicht überschritten. Schmähkritik sei dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund stehe. Dabei müssten sich Personen des öffentlichen Lebens weitergehende Einschränkungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gefallen lassen als Privatleute. In der beanstandeten Veröffentlichung stehe nicht die Diffamierung des Antragstellers als Person des öffentlichen Lebens im Vordergrund, sondern sein Verhältnis zu Journalisten. Unschädlich sei, dass die „taz“ dabei auch überzogene Formulierungen verwende, da auch polemische oder überspitzte Kritik von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt sei.“

Kommentar:

Das Gericht stärkt mit seiner Entscheidung den allgemein anerkannten Grundsatz, dass sich Personen des öffentlichen Lebens deutlich mehr Kritik gefallen lassen müssen als Privatleute. So kann auch eine sehr polemische Kritik, wie hier die Behauptung, Thilo Sarrazin werde „von Journalisten wie eine alte billige Hure benutzt“, zulässig sein.