Rechtsnormen: Art. 6 Abs. 1 EGV Richtlinie 2001/84; Art. 95 EGV

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 16.04.2010 (Az. 4 U 127/10) entschieden, dass die Richtlinie über das Folgerecht des Urhebers eines Originals eines Kunstwerkes iSv RL 2001/84/EG einer mitgliedsstaatlichen Regelung, nach der unter Ausschluss von etwaigen Vermächtnisnehmern ausschließlich die gesetzlichen Erben des Urhebers Anspruch auf Folgerechtsvergütungen haben, nicht entgegensteht.

Zum Sachverhalt:

Der weltbekannte Maler Salvador Dali hinterließ bei seinem Tod fünf verwandte Angehörige als gesetzliche Erben. Allerdings hatte Dali mit seinem Testament wirksam den spanischen Staat zum Alleinerben seiner Immaterialgüterrechte eingesetzt. Diese Rechte werden von einer spanischen Stiftung verwaltet, für die eine spanische Verwertungsgesellschaft (VEGAP) Urheberrechte an Dalis Werk nutzt. Mit der Nutzung in Frankreich hat VEGAP eine französische Schwestergesellschaft (ADGAP) beauftragt. Diese leitete nun die in Frankreich anfallenden Folgerechtsvergütungen allerdings nicht an die VEGAP, sondern an Dalis gesetzliche Erben weiter. Man berief sich hier auf eine nationale Regelung (Art. L 122-8 Code de la propriete intellectuelle), nach der Folgerechtsvergütungen unabhängig vom Testament des Erblassers allein unter den gesetzlichen Erben aufzuteilen seien. Die spanische Stiftung verklagte nun die VEGAP und ihre Schwester ADAGP vor einem zuständigen französischen Gericht auf Zahlung der entsprechenden Folgerechtsvergütungen, da sie nach spanischem Recht Erbe und damit Folgerechtsinhaberin iSv Art. 6 Abs. 1 RL 2001/84/EG sei.

Der EuGH lehnte den Antrag der Spanier nun ab. Demnach könnten die Mitgliedsstaaten ohne Europarechtsverstoß mit nationalen Gesetzen einen bestimmten Personenkreis festlegen, dem nach dem Tod des Erblassers (Urhebers) Anspruch auf Folgerechtsvergütungen zustünden.

Kommentar:

Gemäß vorliegendem Urteil des höchsten europäischen Gerichts führen unterschiedliche nationale Regelungen zum Begriff des Rechtsnachfolgers im Sinne des Folgerechts nicht dazu, dass die Verlagerung des Kunstverkaufs in Staaten ohne eigene Regelungen zum Folgerecht in naher Zukunft verstärkt zu erwarten ist. Selbst wenn Künstler Dali keine Angehörigen hinterlassen hätte, wären nach französischem Rechtssystem Folgerechtsvergütungen an den französischen Fiskus als Rechtsnachfolgerin zu leisten gewesen.

Eine europäische Harmonisierung genannter Regelungen betreffend Folgerechte hätte entsprechend der Richtlinie 2001/84/EG – Art. 95 EGV nicht wirksam vorgenommen werden können. Dies ist Aufgabe des Gesetzgebers. Daher ist es bis zur Klärung dieser Rechtsfrage anzuraten, mit einer Verwertungsgesellschaft bspw. die Regelung einer Zahlung auf ein Treuhandkonto zu treffen.