Rechtsnorm: Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 (Verordnung über die einheitliche GMO)

Mit Urteil vom 18.10.2012 (Az. C-37/11) hat der EuGH entschieden, dass Milchprodukte, die nach der Verordnung über die einheitliche GMO nicht als Butter eingestuft werden können, nicht als „streichfähige Butter“ („pomazánkové máslo“) vertrieben werden dürfen.

Zum Sachverhalt:

Unter der Bezeichnung „Butter“ dürfen nach der EU-Verordnung über die einheitliche Organisation für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse ausschließlich Produkte mit einem Milchanteil zwischen 80 und 90 Prozent, einem Wasseranteil von maximal 16 Prozent und einem Anteil fettfreier Milchtrockenmasse von maximal 2 Prozent angeboten werden.

Allerdings gelten diese Grenzwerte nicht für solche Produkte, deren konkrete Beschaffenheit durch die traditionelle Verwendung bestimmt ist. Eine weitere Ausnahme gilt für Produkte, deren Bezeichnung eindeutig zur Beschreibung einer charakteristischen Eigenschaft verwendet wird. Die EU-Kommission erstellt eine Liste jener Produkte mit einer Ausnahmegenehmigung.

Die Tschechische Republik erlaubt die Vermarktung eines butterähnlichen Produktes, das Pomazánkové máslo, unter der Bezeichnung „pomazánkové máslo“. Das Produkt wird als Brotaufstrich und im Rahmen der Herstellung anderer Lebensmittel verwendet. Es hat einen Fettgehalt von mindestens 31% (Masseanteil), einen Trockenmassegehalt von mindestens 42% und einen Wassergehalt von bis zu 58% und erfüllt somit nicht die in der Verordnung aufgestellten Anforderungen für eine Vermarktung unter der Bezeichnung „Butter“. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass Tschechien durch die Zulassung des Produkts unter der Bezeichnung „pomazánkové máslo“ gegen die Verordnung verstößt. Daher strengte sie gegen den Mitgliedsstaat vor dem EuGH ein Vertragsverletzungsverfahren an.

Der EuGH entschied nun im Sinne der Kommission. Demnach verstößt Tschechien durch die Zulassung gegen seine Verpflichtungen aus der Verordnung.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Tschechische Republik anerkennt, dass pomazánkové máslo nicht die Merkmale aufweist, die in Abschnitt I Nr. 2 des Anhangs XV der Verordnung Nr. 1234/2007 in Verbindung mit Teil A Nr. 1 der Anlage zu diesem Anhang für die Vermarktung unter der Bezeichnung „Butter“ vorgesehen sind. Ebenso steht fest, dass dieses Erzeugnis nicht in der Liste in Anhang I der Verordnung Nr. 445/2007 verzeichnet ist, die die Erzeugnisse anführt, die nicht den Beschränkungen im Zusammenhang mit vorbehaltenen Bezeichnungen unterworfen sind, weil sich ihre genaue Beschaffenheit aus ihrer traditionellen Verwendung ergibt und/oder ihre Bezeichnung eindeutig zur Beschreibung einer ihrer charakteristischen Eigenschaften verwendet wird. Die Tschechische Republik ist indessen der Ansicht, dass die in Abschnitt I Nr. 2 Abs. 3 Buchst. a des Anhangs XV der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgesehene Ausnahmeregelung ohne vorherige Genehmigung Anwendung finden solle, sofern das in Rede stehende Erzeugnis die dort vorgegebenen Merkmale erfülle.

Dieser Auslegung kann jedoch nicht gefolgt werden.

Erstens geht nämlich aus dem 51. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1234/2007 hervor, dass die Verordnung Nr. 2991/94 Vermarktungsnormen für die aus Milch gewonnenen Erzeugnisse zusammen mit einer eindeutigen und unterscheidbaren Klassifizierung und Vorschriften über die Bezeichnung festgelegt hat, die entsprechend den Zielen der Verordnung Nr. 1234/2007 beizubehalten sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass mit der Verordnung Nr. 2991/94 nach ihrem siebten Erwägungsgrund eine einheitliche Klassifizierung der Streichfette festgelegt werden sollte, in deren Rahmen die in Abschnitt I Nr. 2 Abs. 3 Buchst. a des Anhangs XV der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgesehene Sonderregelung zwangsläufig Ausnahmecharakter hat. Zweitens ermächtigt Art. 121 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 1234/2007 die Kommission ausdrücklich, die Durchführungsbestimmungen zu den Abweichungen von den in dieser Verordnung vorgeschriebenen Regeln festzulegen und insbesondere die Liste der Erzeugnisse zu erstellen, denen die genannte Ausnahmeregelung auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Listen zugutekommt. Nach dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 445/2007 sollte insoweit, damit die Tragweite der durch die Verordnung Nr. 2991/94 eingeführten Ausnahmeregelungen genau definiert werden kann, ein vollständiges Verzeichnis der betreffenden Bezeichnungen mit einer Beschreibung der Erzeugnisse, auf die sie sich beziehen, erstellt werden. Nach alledem kann die Tschechische Republik nicht mit Erfolg geltend machen, dass Erzeugnisse, die den in Abschnitt I Nr. 2 Abs. 3 Buchst. a des Anhangs XV der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgesehenen Anforderungen entsprechen, ohne eine vorherige Entscheidung der Kommission, mit der die Erfüllung dieser Anforderungen festgestellt wird, in den Genuss der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung kommen können. Würde nämlich der Argumentation der Tschechischen Republik gefolgt, würden dadurch zum einem die Zuständigkeit der Kommission, wie sie ihr vom Rat der Europäischen Union mit Art. 121 Buchst. c Ziff. i der Verordnung Nr. 1234/2007 für den Erlass von Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung übertragen worden ist, und zum anderen die praktische Wirksamkeit dieser Verordnung in Frage gestellt, da diese den Gebrauch von Verkehrsbezeichnungen vereinheitlichen soll, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten und die Verbraucher zu schützen.

Nach alledem ist die Klage der Kommission begründet.

Folglich ist festzustellen, dass die Tschechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 115 der Verordnung Nr. 1234/2007 in Verbindung mit Abschnitt I Nr. 2 Abs. 1 und 2 des Anhangs XV dieser Verordnung und Teil A Nrn. 1 und 4 der Anlage zu diesem Anhang verstoßen hat, dass sie den Verkauf von pomazánkové máslo (streichfähige Butter) unter der Bezeichnung „máslo“ (Butter) erlaubt, obgleich dieses Erzeugnis einen Milchfettgehalt von weniger als 80 % sowie einen Wassergehalt von mehr als 16 % und einen Gehalt an fettfreier Milchtrockenmasse von mehr als 2 % aufweist.“