Rechtsnormen: Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 12 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG; §§ 1 Abs. 1, Abs. 2, 2 Abs. 2, 5 Abs. 3, 7 Abs. 1, Abs. 5 RGebStV

Der VGH Kassel hat mit Beschluss vom 10.05.2010 (Az. 10 A 1808/09) entschieden:

1. Bei den über das Internet verbreiteten Rundfunkdarbietungen handelt es sich um Rundfunk iSd Rundfunkgebührenstaatsvertrages.

2. Ein internetfähiger PC ist ein Rundfunkempfangsgerät iSd § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV und wird gemäß § 1 Abs. 2 RGebStV zum Empfang bereit gehalten, weil mit ihm ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen über das Internet empfangen werden können.

3. Die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige PCs begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

(Leitsätze des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Der Kläger, der weder über ein Radio- noch über ein Fernsehgerät verfügt, wendet sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkgebühren für seinen heimischen internetfähigen PC. Nach seiner Auffassung fehle es zunächst an einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage für die erhobene Gebühr. Beim Internetradio handele es sich nicht um Rundfunk, zudem werde das Informationsangebot zeitversetzt angeboten. Zudem sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig. So verstoße dieser gegen seine Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit, der Berufsfreiheit und der allgemeinen Handlungsfreiheit sowie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Die beklagte Anstalt verweist demgegenüber auf den Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Im Wege der Digitalisierung sei heute kein Unterschied mehr gegeben zwischen einem Rundfunkempfang über herkömmliche Empfangsgeräte und dem über das Internet. Die Rundfunkgebührenpflicht knüpfe seit jeher an den Besitz des Rundfunkempfangsgerätes an – unabhängig von der tatsächlichen Nutzung.

Nun entschied der hessische Verwaltungsgerichtshof, die Klage abzuweisen.

Das Gericht begründet seine Entscheidung:

Danach ist der Kläger für den von ihm vorgehaltenen internetfähigen PC rundfunkgebührenpflichtig. Sein PC ist ein Rundfunkempfangsgerät, das zum Empfang bereit gehalten wird und dessen Einbeziehung in die Rundfunkgebührenpflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die über das Internet als Livestream empfangbaren Darbietungen sind „Rundfunk“ i. S. d. Rundfunkgebührenstaatsvertrages.

Der Umstand, dass die als Livestream zu empfangenden Rundfunkdarbietungen über das Internet leicht zeitversetzt – typischerweise 2 bis 6 Sekunden  – und erst nach Aufbau einer Datenleitung durch den Nutzer empfangen werden können, ändert nichts daran, dass es sich auch dabei um eine „Rundfunkdarbietung“ handelt.

Auch werde der internetfähige Computer des Klägers zum Empfang bereit gehalten:

Der vom Kläger im privaten Bereich vorgehaltene internetfähige PC wird auch trotz seiner Multifunktionalität zum Rundfunkempfang bereit gehalten. Ausschlaggebend für die Erhebung der Rundfunkgebühr ist insoweit auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV allein die m ö g l i c h e Nutzung des Gerätes zum Rundfunkempfang, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Teilnehmer damit tatsächlich Rundfunkleistungen empfängt. Denn entscheidend ist die objektive Zweckbestimmung des Gerätes zum Empfang, die bei herkömmlichen Empfangsgeräten angesichts ihrer Monofunktionalität auf der Hand liegt. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht die Gebührenpflicht für herkömmliche Geräte in Anknüpfung an die bloße Nutzungsmöglichkeit in Anbetracht der besonderen Bedeutung des Rundfunks für ein demokratisches Staatswesen für rechtens erachtet. Denn die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit diene der freien, individuellen und öffentliche Meinungsbildung.

Insbesondere sei nach Ansicht des VGH die Regelung, dass auch internetfähige PCs rundfunkgebührenpflichtig sind, erforderlich, um eine „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ zu verhindern.

Kommentar:

Vorliegender Beschluss des obersten hessischen Verwaltungsgerichts bestätigt die Entscheidungen des BayVGH, des OVG Rheinland-Pfalz und des OVG Nordrhein-Westfalen. Alle Gerichte sehen die Rechtsgrundlage zur Gebührenerhebung in § 2 Abs. 1 S. 1 RGebStV. Alle Gerichte betrachten diese Norm als verfassungsmäßig unbedenklich.

Nach Ansicht der Verwaltungsgerichte sind internetfähige Computer „neuartige Rundfunkempfangsgeräte“, für die seit dem 01.01.2007 eine Gebühr zu entrichten ist. Im Übrigen ergebe sich das auch aus den Ausnahmetatbeständen des § 5 Abs. 3 RGebStV.