Das BVerfG hat mit Beschluss vom 08.09.2010 (Az. I BvR 1890/08) entschieden, dass die Versagung eines Unterlassungsanspruches eines Milchkonzerns zur Verwendung des Begriffs „Gen-Milch“ durch Greenpeace nicht verfassungswidrig ist.

Zum Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin leitet einen Milch- und Molkereikonzern. Dieser verarbeitet in seinen Produkten auch gentechnisch veränderte Futtermittel. Beklagter ist ein eingetragener Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, neben dem Umwelt- und Tierschutz die Verbraucher über seiner Ansicht nach bestehende Risiken von Produkten, insbesondere infolge des Einsatzes gentechnisch veränderter Organismen bei der Lebensmittelerzeugung aufzuklären. So hält er die gesetzlichen Bestimmungen über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung derartiger Lebensmittel für unzureichend. Daher forderte er die Beschwerdeführerin auf, ihren Milchlieferanten zur Auflage zu machen, auf gentechnisch veränderte Futtermittel zu verzichten. Nachdem die Beschwerdeführerin dieser Forderung nicht nachgekommen war, wies der Beklagte auf sein Anliegen in Publikationen und durch verschiedene öffentliche Aktionen unter Verwendung des Begriffs „Gen-Milch“ hin.

In der Formulierung „Gen-Milch“ sieht die Beschwerdeführerin eine unwahre Tatsachenbehauptung und nahm den Beklagten vor den Zivilgerichten auf Unterlassung in Anspruch. Der BGH wies mit Urteil vom 11.03.2008 (Az. VI ZR 7/07, veröffentlicht in NJW 2008, S. 2110) die Klage mit der Begründung, der Gebrauch des Begriffs „Gen-Milch“ durch den Beklagten genieße den Schutz des Grundrechts auf Meinungsfreiheit, dem bei der gebotenen Abwägung der Vorrang gegenüber den ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Beschwerdeführerin zukomme, ab. So sei der Begriff „Gen-Milch“ für sich genommen substanzarm. Erst aus dem Kontext ergebe sich der Bedeutungsgehalt dieser Aussage. Danach enthalte die beanstandete Formulierung keine unwahre  Tatsachenbehauptung, denn der Beklagte habe unzweideutig bei allen Aktionen zum Ausdruck gebracht, dass sich sein Protest gegen die Verwendung von gentechnisch veränderten Futtermitteln richte. Auf den Vorwurf, die von den Unternehmen der Beschwerdeführerin verwendete Milch selbst sei gentechnisch verändert, könne nicht geschlossen werden. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und eine verfassungswidrige Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Mit vorliegendem Beschluss nimmt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung auf.

Die Verfassungsrichter begründen ihre Entscheidung mit fehlenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere durfte der Bundesgerichtshof den auf die Produkte der Beschwerdeführerin bezogenen Begriff „Gen-Milch“ als substanzarme Äußerung ansehen und seine Verwendung im konkreten Kontext als zulässig beurteilen.

Weiter führt das Gericht aus:

Dass der Bundesgerichtshof den hier streitgegenständlichen Begriff „Gen-Milch“ in diesem Sinn als erkennbar ergänzungsbedürftige, schlagwortartige Äußerung, die ihren genauen Sinn erst im Rahmen einer Gesamtkampagne erhält, beurteilt hat, überschreitet seinen fachgerichtlichen Wertungsrahmen nicht. Vor diesem Hintergrund durfte der Bundesgerichtshof dem durch die Meinungsfreiheit geschützten Äußerungsinteresse der Beklagten den Vorrang vor dem entgegenstehenden Unterlassungsinteresse der Beschwerdeführerin einräumen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob außer dem Grundrecht der Berufsfreiheit auch die weiteren von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtspositionen grundrechtlichen Schutz genießen, da das Abwägungsergebnis des Bundesgerichtshofs in jedem Fall verfassungsrechtlich vertretbar ist. Der Bundesgerichtshof durfte bei seiner Abwägung zwischen den beiderseits betroffenen rechtlich geschützten Interessen maßgeblich darauf abstellen, dass die Unternehmen der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht im gesamten Produktionsprozess auf gentechnische Verfahren verzichten und somit die Kritik an ihrem Geschäftsgebaren nicht jeglicher zutreffender Tatsachengrundlage entbehrt.

Vgl. hierzu auch Pressemitteilung Nr. 81/2010 des Bundesverfassungsgerichts vom 22.09.2010.