Der „Webseitenklau“ greift immer weiter um sich. So werden nicht nur Teile einer Webseite, wie Bilder und Graphiken, unberechtigt übernommen. Auch ganze Webseiten werden kopiert inkl. Quelltext und deren Metatags. Dies ist insbesondere dann ärgerlich, wenn aufgrund der geschickten Suchmaschinenoptimierung das Original eine gute Platzierung bei Suchmaschinen aufweisen kann und die Kopie die Suchmaschinenoptimierung ebenfalls mit übernimmt und dadurch zu einer Suchmaschinen-Rangstelle gelangt, die auf die Optimierungskünste des Webdesigners der Ursprungsseite zurückzuführen sind.

Wie kann sich der Betreiber einer Internetseite gegen die Übernahme seiner Website durch einen Dritten wehren?

Insoweit stehen dem Webseitenbetreiber ggf. Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach dem Urheberrecht, evtl. auch nach Wettbewerbsrecht, zu. Voraussetzung für den Urheberrechtsschutz ist jedoch eine gewisse Schöpfungshöhe des Webdesigns. „Handwerklich durchschnittliche“ Webdesigns sind oftmals nicht urheberrechtsschutzfähig. Hier setzt jedoch die Entscheidung des OLG Rostock an und weist auf einen interessanten Gesichtspunkt hin :

Zwar bietet die vom Kläger auf den Webseiten verwendete Alltagssprache an sich keine Besonderheiten. Die sprachliche Gestaltung durch den Kläger führt jedoch dazu, dass die Webseiten der Beklagten bei Eingabe der plakativen Suchwörter „(M…,M…,S…)“ in die in Deutschland weit verbreitete Suchmaschine „Google“ unter den ersten Suchergebnissen erscheint. Nach dem vom Kläger vorgelegten Ausdruck vom 22.02.2007 zeigte die Suchmaschine die Webseite der Beklagten als erstes von etwa 10.100 Ergebnissen an. Dass dies kein Zufallsprodukt, sondern von gewisser Dauer ist, ergibt sich daraus, dass die Webseite auch Ende Juni 2007 noch als drittes Suchergebnis von nunmehr 12.100 Einträgen auftritt.

Weil die Suchmaschinen im Internet ihre Ergebnisse auf der Grundlage der in den Quelltexten enthaltenen sogenannten Meta-Tags sowie dem Auftreten der Suchbegriffe im Dokumententitel oder in Überschriften sortieren, kommt der zielführenden Verwendung der Sprache bei der Suchmaschinen-Optimierung erhebliche Bedeutung zu. Zur Vermeidung von Manipulationen halten die Betreiber von Suchmaschinen die genauen Parameter der Suchfunktionen allerdings geheim und veränderten sie im Verlauf der Zeit.
Um gleichwohl für eine gewisse Dauer die Auflistung der Webseiten an der Spitze der Suchergebnisse zu erreichen, bedarf es daher besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Gestaltung des Internetauftritts. Dass die – vertraglich vereinbarte – Suchmaschinen-Optimierung hier gelungen ist, belegen die oben genannten Ergebnisse.

Darin liegt die persönliche geistige Schöpfung des Klägers im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Die Auswahl, die Einteilung und die Anordnung der Suchbegriffe aus der Alltagssprache auf den Webseiten und im Quelltext bilden hier die individuelle schöpferische Eigenheit des vom Kläger gestalteten Internetauftritts. Die Gestaltung mit Mitteln der Sprache erreicht die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit hinreichende Gestaltungshöhe, denn sie übersteigt deutlich das Schaffen eines durchschnittlichen Webdesigners, das auf einer routinemäßigen, handwerksmäßigen und mechanisch-technischen Zusammenfügung des Materials beruht.
Die durch geschickte Auswahl und Anordnung der Schlüsselwörter erzielte Spitzenposition in der Suchmaschine beruht auf der eigenen geistigen Schöpfung des Klägers. Die auf diese Weise vorgenommene Gestaltung verschafft den Webseiten eine individuelle Prägung und hebt sie deutlich aus der Vielzahl durchschnittlicher Internetauftritte anderer Anbieter von Häusern heraus.

Mit anderen Worten: Die Suchmaschinenoptimierung führt dazu, dass hier eine gewisse Schöpfungshöhe der Inhalte der Website erreicht wird. Damit ist deren Urheberrechtsschutzfähigkeit gegeben.

Praktische Konsequenz:

Der Webseitenbetreiber des Originals kann von dem Kopierer Unterlassung der weiteren Verwendung des Webseiteninhalts verlangen. Darüber hinaus hat er auch noch Auskunfts- und Schadensersatzansprüche. Der Schadensersatzanspruch ist im Wege der Lizenzanalogie zu bemessen. Das ist in diesem Fall derjenige Betrag, der für die Gestaltung der Website inkl. Suchmaschinenoptimierung zu zahlen ist. Dieser Anspruch steht dem Urheber zu, also dem Webdesigner. Der Webdesigner seinerseits hat dem Webseitenbetreiber ein Verwertungs- und Nutzungsrecht eingeräumt. Ob dem Webseitenbetreiber selbst Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verletzer zustehen, kommt auf die konkrete Vertragsgestaltung des Vertrages zwischen dem Webdesigner und dem Auftraggeber an. Soweit er ein ausschließliches Nutzungsrecht an der Website erhalten hat, kann er auch selber gegen den Verletzer vorgehen.

Nicht zu vergessen ist allerdings, dass nicht nur die Website als Ganzes schutzfähig sein kann, sondern auch einzelne Bestandteile. Oftmals kommt es vor, dass einzelne Digitalfotos kopiert und übernommen werden. Dann steht dem Urheber bzw. dem ausschließlich nutzungsberechtigten Webseitenbetreiber ebenfalls ein Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch zu.

OLG Rostock – Urheberrechtsschutz für suchmaschinenoptimierte Webseite, Beschluss vom 27.06.2007 – Az.: 2 W 12/07