Vor allem aus den USA werden immer wieder Oldtimer nach Deutschland importiert. Der Grund besteht in der oftmals guten Blechsubstanz, jedenfalls wenn der Wagen aus Kalifornien ect. kommt. Auch der Dollarkurs ist im Verhältnis zum Euro immer noch günstig. Neben den Transportkosten (ca. 1500 EUR) muss der Oldtimer-Liebhaber dann bei der Ankunft in Europa aber auch noch Einfuhrzoll sowie Einfuhrumsatzsteuer bezahlen. In Deutschland betragen diese 10 % und 19 %, also insgesamt 29 %. Außer, es handelt sich um einen Sonderfall: nämlich um ein Sammlungsstück von geschichtlichem Wert. Dann müssen deutlich geringere Steuersätze gezahlt werden. Bloß wann liegt ein derartiger Oldtimer vor? Mit dieser Frage hat sich kürzlich das FG Hamburg beschäftigt. In seinem Urteil vom 24.06.2010 (Az. 4 K 26/10) führt es aus:

Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware – hier des Fahrzeugs Chevrolet Corvette C2, Baujahr 1965 mit einem Hubraum von 5400 ccm – sprechen nach Überzeugung des Gerichts für die vom Beklagten vorgenommene Einreihung. In seinem Urteil vom 03.12.1998 (C-259/97) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Position 9705 der Kombinierten Nomenklatur dahin auszulegen ist, dass ein historischer oder völkerkundlicher Wert bei Kraftfahrzeugen vermutet wird, die sich im Originalzustand – ohne wesentliche Änderungen des Fahrgestells, des Steuersystems oder Bremssystems des Motors u. s. w. – befinden, 30 Jahre oder älter sind und einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen. Fahrzeuge, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind jedoch nicht von geschichtlichem oder völkerkundlichen Wert, wenn die zuständige Behörde nachweist, dass sie keinen charakteristischen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften dokumentieren und keinen Abschnitt dieser Entwicklung veranschaulichen können. Darüber hinaus müssen die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Kriterien in Bezug auf die Eigenschaften erfüllt sein, die für die Aufnahme eines Kraftfahrzeugs in eine Sammlung erforderlich sind. Danach muss das Fahrzeug Gegenstand des Spezialhandels sei, es darf normalerweise nicht gemäß dem ursprünglichen Verwendungszweck genutzt werden und es muss verhältnismäßig selten sowie von hohem Wert sein. Dem folgend hat der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 19.12.2000 (VII R 30/99) entschieden, dass bei der Beurteilung, ob einer Ware ein geschichtlicher Wert zukomme, den Besonderheiten des jeweiligen Bereiches Rechnung zu tragen ist. So ist zum Beispiel im Automobilbau zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Kraftfahrzeug um einen Gegenstand handelt, der grundsätzlich zum Zwecke des Gebrauchs und nicht als Erinnerungsstück entsprechend den technischen Möglichkeiten seiner Zeit gebaut wird.

Dann führt das Gericht zu dem Fahrzeug des Klägers, der nur die geringeren Steuersätze zahlen möchte, folgendes aus:

Der Kläger hat als technische Besonderheit einzig die Vollausrüstung mit Scheibenbremsen angeführt. Dass es sich dabei um einen Entwicklungsschritt in der Automobilgeschichte handelt, konnte der Beklagte unter Hinweis auf das Patent des Briten Frederick W. Lanchester von 1902 (www.lanchester.com/ Lanc1html) und den Austin-Healy 100 S, der als erstes europäisches Fahrzeug schon im Jahre 1955 mit vier Dunlop Scheibenbremsen bestückt war (vgl. www.mobile.de/Modellverzeichnis/austin-healy/100s.html), entkräften. Auf weiteren Seiten, die sich mit den Details des Automobilbaus befassen, heißt es sogar, in den USA sei der Einbau von Scheibenbremsen schon vor Mitte des 20. Jahrhunderts in Serie gegangen (www.kfz-tech.de/scheibenbremse.htm). Bemerkenswerte Designelemente – wie sie offenbar Fahrzeuge des Baujahrs 1963 mit der geteilten Heckscheibe aufwiesen – sind beim klägerischen Fahrzeug nicht festzustellen. Abgesehen von den Scheibenbremsen führt der Kläger im übrigen keine Merkmale seines Fahrzeugs an, die geeignet wären, als charakteristischer Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften angesehen zu werden. Auch eine umfangreiche Internetrecherche zu dem fraglichen Modell, die das Gericht angestellt hat, erbrachte keinerlei Anhaltspunkte, die für einen geschichtlichen Wert des eingeführten Fahrzeugs sprächen. Die Tatsache, dass das Fahrzeug als Oldtimer zugelassen ist, erlaubt für sich genommen keinen Rückschluss auf den geschichtlichen Wert. Die Maßstäbe für die nationale Kfz-Besteuerung und für die gemeinschaftsrechtliche Tarifierung als Sammlungsstück decken sich nicht. Insofern ist ein Rückschluss von der nationalen Besteuerung auf die zolltarifliche Einordnung nicht zulässig.

Mit anderen Worten: den Nachweis, dass es sich um einen Oldtimer von geschichtlichem Wert handelt, wird man bei deutschen Zollbehörden so gut wie nie erbringen können.

Der Ausweg:

Niemand wird dazu gezwungen, seinen Wagen über Bremerhaven einzuführen. Das funktioniert auch über Rottderdam. Die niederländischen Behörden sind bei der Annahme eines Ausnahmefalls deutlich großzügiger. Dann müssen nur 6 % Einfuhrumsatzsteuer gezahlt werden. Ersparnis also 23 %. Der Kläger in dem Urteil des FG Hamburg hat dies auch als Argument angebracht: es wäre eine Ungleichbehandlung, wenn er hier in Deutschland anders behandelt werde als in den Niederlanden. Damit wurde er jedoch nicht gehört. Es gäbe keine Gleichbehandlung im Unrecht. Daher lohnt es sich in jedem Fall, die Einfuhr eines Oltimers in die EU über Rotterdam abzuwickeln. Denn wenn der Wagen erstmal in die EU zoll- und umsatzsteuertechnisch in die EU eingeführt worden ist, können in Deutschland keine weiteren Steuern mehr erhoben werden.

Update 28.12.2010: Angeblich ist es amtlich, dass ab dem 1.1.2011 auch in den Niederlanden 19 % statt bislang 6 % Einfuhrumsatzsteuer verlangt werden. Dann verbleibt aber immer noch ein Vorteil von 10 % gespartem Einfuhrzoll. Also gilt es, genauer nachzurechnen, ob es sich immer noch lohnt, über Rotterdam zu importieren.

Update 12.07.2012: Jetzt wurde der Steuersatz in den Niederlanden wohl wieder auf 6 % gesenkt, nachdem man zwischenzeitlich über Frankreich in Schlupfloch gefunden hatte und dort weiterhin nur einen im Vergleich zu den Niederlanden verringerten Steuersatz zahlen musste.