Ist die H-Zulassung als Vertragsbestandteil festgelegt worden, können Rückgewähransprüche entstehen, auch wenn bei Vertragsschluss etwaige Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen wurden. Das OLG Hamm bestätigte mit seiner Entscheidung vom 24.09.2015 Az. 28 U 144/14, das Urteil vom LG Bielefeld vom 12.09.2014. Die Berufung wurde abgewiesen.
Der Sachverhalt:
Der Beklagte inserierte im Jahr 2013 einen Ford Super Seven Plus, Baujahr 1962. Diesen beschrieb er folglich:
„Super Seven Plus (Pegasus 7plus Werksbau)
Baujahr 1962 (mit H-Zulassung)
Modifizierter Gitterrohrrahmen
Karosserie GFK/Alu komplett neu aufgebaut
Motor 440 cui Bigblock (7,2 Liter Hubraum) komplett neu aufgebaut
(…)“
Im Schriftverkehr mit dem Kläger informierte der Beklagte diesen ausführlich über die Entstehungsgeschichte des Fahrzeugs und gab außerdem an: „Wagen hat selbstverständlich auch bereits eine H-Zulassung„. Der Kläger betonte, dass er einen Wagen mit H-Zulassung kaufen wollte. Er ließ sich deshalb ein Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2008 vorlegen, indem der Wagen mit H-Zulassung einem Wert von 58.000,00€ entsprechen sollte.
Im Verkaufsvertrag wurde in der Rubrik „Angaben des Verkäufers“ unter der Überschrift „1. Der Verkäufer garantiert“ ausgeführt:
„Das Kfz wurde kmpl. restauriert/neuaufgebaut. Seit Fertigstellung und Inbetriebnahme im Jahr 2006 hat das KFZ erst 700 km Laufleistung zurückgelegt. Durch lange Standzeit können evtl. Standschäden entstanden sein. Aufgrund des kmpl. Neuaufbaus und der geringen Laufleistung sind eventuell noch Nach-/Einstellarbeiten und Überprüfungen am Fahrzeug erforderlich. Der Verkauf erfolgt deshalb unter Ausschluss jeglicher Garantie/Gewährleistung/Haftung zum Sonderpreis weit unter Gutachterwert“
Der Kläger erwarb das Fahrzeug am Besichtigungstag für 33.000,00€. Am 24.03.2013 bei der TÜV Hauptuntersuchung erhielt der Wagen die TÜV-Plakette; das Fahrzeug wurde mit „H-Kennzeichen“ zugelassen.
In der Folgezeit übersandte der Beklagte dem Kläger auf dessen Bitten das Gutachten über die am 31.05.2003 erteilte H-Zulassung.
Am 19.09.2013 ließ der Kläger ein Gutachten des Sachverständigen E dazu erstatten, ob das Fahrzeug zu Recht die „H-Zulassung“ als Oldtimer erhalten habe. Der Sachverständige E stellte in diesem Gutachten fest, dass der Ford aus einer Vielzahl von Gründen zu Unrecht eine positive Begutachtung nach § 21 c StVZO (alt) erhalten habe und auch nach § 23 StVZO (neu) keine positive Begutachtung gerechtfertigt sei.
Daraufhin forderte der Kläger den Beklagten am 29.10.2013 zur Mangelbeseitigung heraus, was der Beklagte am 12.11.2013 zurückwies.
Die Entscheidung:
Das OLG Hamm entschied, dass der Kläger hat gegen den Beklagten aus §§ 437 Nr. 2, 323,346,434 BGB einen Anspruch auf Rückabwicklung des am 09.03.2013 geschlossenen Kaufvertrages hat, denn das vom Beklagten veräußerte Fahrzeug weist eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit nicht auf und ist deshalb gemäß §434 Abs. 1 S. 1 BGB mangelhaft.
Indem der Beklagte den Wagen in seiner Internet Offerte und speziell auch der E-Mail an den Kläger als Fahrzeug mit H-Zulassung beschrieb hat er eine verbindliche Vorfelderklärung zu der Beschaffenheit des Fahrzeugs abgegeben.
Inhalt dieser Vorfelderklärung ist nicht nur die Tatsache, dass der Wagen eine H-Zulassung besitzt, sondern auch die Erklärung, dass diese Zulassung zu Recht ergangen ist. Dies wird vom Gericht vor allem aus der Wortwahl des Beklagten in der E-Mail hergeleitet. Durch die Aussage „der Wagen habe, durch das Baujahr bedingt selbstverständlich bereits eine H-Zulassung“ kann darauf geschlossen werden, dass der Wagen auch mit einer rechtmäßigen Zulassung beworben wird. Also kein Risiko besteht, dass diese Zulassung später wieder entzogen wird und das Fahrzeug mit deutlich höheren Steuern belegt wird.
Dies gilt nicht nur für einen Verkäufer der Händler mit eigener Werkstatt ist. Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Denn ob eine Fahrzeugbeschreibung als verbindliche Beschaffenheitsangabe anzusehen ist, bestimmt sich in erster Linie aus der Sicht des Käufers. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte die nach außen dokumentierte Fachkenntnis tatsächlich besessen hat. Entscheidend ist, welchen Eindruck er durch sein Auftreten gegenüber dem Kläger als Käufer vermittelt hat.
Die Geltendmachung des Rücktrittsrechts war dem Kläger nicht aufgrund des im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschlusses verwehrt. Besteht der Sachmangel darin, dass dem Kaufgegenstand eine vereinbarte Beschaffenheit fehlt, dann greift ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss nicht durch (BGH in NJW 2007,1346)
Ein Ausschluss des Rücktrittsrechts wegen Kenntnis des Sachmangels gemäß § 442 BGB, müsste vom Beklagten bewiesen werden. Solche Beweise wurden in diesem Fall nicht vorgebracht.
Praxistipp:
Welche Lehren kann der Oldtimerenthusiast aus diesem Fall ziehen? Wenn Sie einen Oldtimer mit zweifelhafter H-Zulassung verkaufen, dann vermarkten Sie diesen nicht, als ob sie sich der Rechtmäßigkeit der H-Zulassung sicher sind. Selbst wenn Sie nur Privatmann sind können sie aufgrund ihres Auftretens Rückgewähransprüche in Gange setzen. Diese Frage, ob eine Zusicherung über die H-Zulassung auch bei einem Privatkauf möglich ist, war bislang umstritten. Diese obergerichtiche Entscheidung ist die erste, die sich mit dieser Problematik beschäftigen musste.
Wenn Sie einen Oldtimer mit H-Zulassung kaufen und dieser weist Mängel auf, haben Sie trotz eines Gewährleistungsausschlusses die Möglichkeit, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Es ist zu vermuten, dass in der Vergangenheit und auch jetzt noch H-Zulassungen erteilt werden, obwohl die Fahrzeuge dafür gar nicht Voraussetzungen erfüllen. Lassen Sie also die H-Zulassung überprüfen, auch wenn ihnen von ihrem Vertragspartner die Rechtmäßigkeit der Zulassung versichert wurde.
Haben Sie Fragen zum Oldtimerecht? Dann rufen Sie an: 05221 1879940
Email: info@ra-dr-graf.de
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