Rechtsnormen: §§ 19a, 50 UrhG

Mit Urteil vom 05.10.2010 (Az. I ZR 127/09) hat der BGH entschieden:

Wird im Rahmen der Online-Berichterstattung über eine Veranstaltung berichtet, bei der urheberrechtlich geschützte Werke wahrnehmbar werden (hier: Bericht über eine Ausstellungseröffnung), dürfen Abbildungen dieser Werke nur so lange als Teil dieser Berichterstattung im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, wie die Veranstaltung noch als Tagesereignis angesehen werden kann.

(Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Es klagte die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, die in Deutschland die urheberrechtlichen Interessen von Künstlern wahrnimmt, gegen einen Zeitschriftenverlag, der in mehreren seiner Zeitungen neben Berichten über anstehende Ausstellungen auch Abbildungen ausgestellter Kunstwerke veröffentlichte und diese Beiträge in seinem Online-Archiv Interessenten bereits seit Ende 2002 dauerhaft zugänglich macht. Die Klägerin erachtet diese dauerhafte öffentliche Zugänglichmachung der abgebildeten Kunstwerke als unzulässig und nimmt die Beklagte daher auf Schadensersatz in Höhe von 2332,46 Euro nebst Zinsen in Anspruch (Berechnung auf Grundlage ihrer Tarife für Online-Magazine).

Nachdem das erstinstanzliche Amtsgericht der Klage stattgegeben und das Landgericht (LG Braunschweig) die Klage als Berufungsinstanz abgewiesen hatte, zielte die Revision beim BGH auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Bundesrichter entschieden nun, dass die Bestimmung des § 50 UrhG (Berichterstattung über TagesereignisseZur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.) auch die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke in einer Berichterstattung betrifft, die infolge Zeitablaufes  ihre Tagesaktualität verloren hat:

„Entgegen der Ansicht des BerGer. kann die Bekl. sich nicht mit Erfolg auf die Schrankenbestimmung des § 50 UrhG berufen. (…) Dabei ist unter einem Tagesereignis jedes aktuelle Geschehen zu verstehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist, wobei ein Geschehen so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird.

Entscheidend für eine unlizenzierte Nutzung sei somit die Aktualität der Berichterstattung.

Hinsichtlich der landgerichtlichen Ausführung zur Änderung des § 50 UrhG im Jahr 2003 führt der BGH aus:

„Entgegen der Auffassung des BerGer. ist daraus, dass der Gesetzgeber im Jahr 2003 die Schrankenregelung des § 50 UrhG um die Wortfolge „oder durch ähnliche technische Mittel” erweitert hat, um auch die Berichterstattung über Tagesereignisse durch digitale Online-Medien zu erfassen, nicht zu schließen, dass der Gesetzgeber damit bewusst in Kauf genommen hat, dass die zur Berichterstattung abgebildeten Werke, die im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar werden, dauerhaft in digitalen Online-Archiven öffentlich zugänglich gemacht werden.“

Weiter führt der BGH aus, eine solche Ausdehnung stünde zusätzlich im Widerspruch zum allgemeinen Grundsatz, dass die Schrankenbestimmungen, die in die Rechte der Urheber eingreifen, grundsätzlich eng auszulegen seien.

Kommentar:

Das Urteil hat große praktische Bedeutung: Zukünftig werden für Kunstwerke, die dauerhaft (online) frei zugänglich gemacht werden sollen, nach Ablauf der sich aus § 50 UrhG ergebenden Zeitspanne Lizenzgebühren fällig. Wenigstens bedarf es dann aber stets einer Anmeldung bei der Rechtevertreterin VG Bild-Kunst.