Rechtsnorm: § 24 Abs. 1 UrhG

Der BGH hat mit Entscheidungen vom 01.12.2010 (Az.  I ZR 12/08 und I ZR 13/08) im Rechtsstreit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung gegen „perlentaucher.de“ über die Zulässigkeit der Verwertung von so genannten Zusammenfassungen (Abstracts) von Buchrezensionen entschieden.

Zum Sachverhalt:

Beklagte ist die Betreiberin der Website „perlentaucher.de“. Diese Interseite ist ein online-„Kulturmagazin“,  in dem unter anderem auch sogenannte Abstracts, also stark verkürzte Wiedergaben, von Buchrezensionen aus verschiedenen renommierten Zeitungen eingestellt werden.  Hierzu gehören auch solche aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), die auf der Seite unter den Überschriften „Notiz zur FAZ“ bzw. „Notiz zur SZ“ deutlich verkürzt wiedergegeben werden.  Verfasst werden diese Abstracts von Mitarbeitern der Beklagten. Sie enthalten besonders aussagekräftige Passagen aus den Originalrezensionen. Die Beklagte erteilte den Internet-Buchhandlungen „amazon.de“ und „buecher.de“ Lizenzen zum Abdruck dieser Zusammenfassungen. Die Klägerinnen sehen hierin eine Verletzung des Urheberrechts an den Originalrezensionen sowie eine Verletzung von Markenrechten und einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Daher nehmen sie die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Nachdem zunächst in erster Instanz das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 23.11.2006; Az. 2/3 O 172/06 und LG Frankfurt am Main, Urt. v. 23.06.2006; Az. 2/3 O 171/06) und dann folgend das Oberlandesgericht Frankfurt als Berufungsinstanz  (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.12.2007; Az. 11 U 75/06 und OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.12.2007; Az. 11 U 76/06) die Klagen abgewiesen hatten, befasste sich nun der BGH mit den Sachverhalten.

Die Bundesrichter kamen dabei zum Ergebnis, infolge der Revisionen der Klägerinnen die Berufungsurteile aufzuheben und die Sachen an das Berufungsgericht zurück zu verwiesen:

Der BGH begründet seine Entscheidung in seiner Pressemitteilung vom 01.12.2010:

Obwohl der BGH die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass die urheberrechtliche Zulässigkeit einer Verwertung der Abstracts allein davon abhängt, ob es sich bei den Zusammenfassungen um selbstständige Werke handelt, die in freier Benutzung der Originalrezensionen geschaffen worden sind und daher gemäß § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung der Urheber der benutzen Werke verwertet werden dürfen. Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht bei seiner Prüfung, ob die von der Klägerin beanstandeten Abstracts diese Voraussetzung erfüllen, aber nicht die richtigen rechtlichen Maßstäbe angelegt und zudem nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt.

Das Berufungsgericht müsse nun erneut prüfen, ob es sich bei den beanstandeten Abstracts um selbstständige Werke iSd § 24 Abs. 1 UrhG handelt. Diese Beurteilung könne bei den verschiedenen Abstracts zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, da sich diese Frage nicht allgemein, sondern nur aufgrund einer Würdigung des jeweiligen Einzelfalls beantworten lässt. Bei der Beurteilung sei zu berücksichtigen, dass in aller Regel nur die sprachliche Gestaltung und nicht der gedankliche Inhalt einer Buchrezension Urheberrechtsschutz genießt. Es sei urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassung zu verwerten. Deshalb sei es von besonderer Bedeutung, in welchem Ausmaß die Abstracts originelle Formulierungen der Originalrezensionen übernommen haben.

Kommentar:

Nun hat das OLG Frankfurt a.M. den Sachverhalt erneut zu prüfen – diesmal detaillierter auf den jeweiligen Einzelfall bezogen.

Konkrete Erkenntnisse darüber, welche Maßstäbe an die notwendige Selbst-/Eigenständigkeit der Werke höchstrichterlich gesetzt werden, lassen sich mit vorliegendem Urteil jedoch noch nicht ziehen.

Insgesamt ist diese Entscheidung allenfalls als Teilerfolg für die FAZ bzw. die SZ zu werten. Der Rechtsstreit geht nun in die Verlängerung.