Rechtsnormen: §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB

Mit Urteil vom 16.12.2009 (Az. 142 C 18225/09) hat das Amtsgericht München entschieden, dass negative Bewertungen bei eBay hingenommen werden müssen, so lange sie keine unwahren Tatsachen, bloße Schmähkritik oder Beleidigungen enthalten.

Dabei sei eine umfassende Güterabwägung zwischen dem Interesse des Klägers an der ungestörten Ausübung seines Gewerbes einerseits und dem Interesse des Beklagten an freier Meinungsäußerung andererseits vorzunehmen. Danach müsse jemand grundsätzlich Äußerungen, die unwahre Behauptungen beinhalten, bloße Schmähkritik oder gar Beleidigungen nicht hinnehmen. Bloße Werturteile und wahre Tatsachenbehauptungen hingegen seien grundsätzlich zulässig.

Zum Sachverhalt:

Mitte 2009 nutzte ein Privatmann eBay, um ein gebrauchtes Toshiba-Notebook (Bezeichnung: Tecra) zum Preis von 461 zu ersteigern. Durch sein Nutzerprofil wurde der Verkäufer als „gewerblicher Händler“ ausgewiesen. Allerdings gab er in der Artikelbeschreibung an, vorliegend ein Gerät aus seinem Privatbesitz als Privatkunde anzubieten. Kurz darauf trat der Käufer mit dem Verkäufer in Kontakt und bat ihn um Nennung seiner Telefonnummer und Adresse und fragte an, ob er das Notebook abholen könne. Auch schlug er anstelle der vom Verkäufer geforderten Bezahlungsarten „Überweisung“ oder „Paypal“ die Vertragsabwicklung über einen Treuhandservice vor. Postwendend wies der Verkäufer den Käufer darauf hin, eine Abholung des Geräts sei nicht möglich; im Übrigen bestand er auf den angegebenen Bezahlungsarten. Darüber hinaus gab er in seiner E-Mail an, dass er bei Abgabe einer negativen Bewertung durch den Käufer einen Anwalt beauftragen werde. Infolge dieser E-Mail bewertete der Käufer den Verkäufer tatsächlich negativ und begründete seine Bewertung mit der Androhung einer RA-Beauftragung. Auch behauptete der Verkäufer, als Privatmann zu handeln, obwohl er offenkundig ein gewerbliches Profil nutze.

Infolgedessen erhob der Verkäufer Klage vor dem AG München. Er verfolgte mit seiner Klage den Zweck, die Löschung dieser Bewertung herbeizuführen. Der Kläger argumentierte, er habe „nicht gedroht, sondern lediglich auf die Möglichkeit, dass er einen Anwalt einschalte, hingewiesen.“ Demgegenüber vertrat der Beklagte die Position, seine Bewertung entspräche den Tatsachen. Wegen des Hinweises des Klägers im Angebot auf den Verkauf aus Privatbesitz habe sich „eine Unsicherheit über die Gewerblichkeit des Kaufs und der sich daraus für ihn als Käufer ergebenden Rechte“ ergeben. Auch habe er mit einem Anwalt gedroht.

Das AG München wies die Klage ab.

In seiner Pressemitteilung vom 13.12.2010 nennt das Gericht folgende Entscheidungsgründe:

Ein Anspruch würde nur bestehen, wenn die negative Bewertung einen unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt. Dabei sei eine umfassende Güterabwägung zwischen dem Interesse des Klägers an der ungestörten Ausübung seines Gewerbes einerseits und dem Interesse des Beklagten an freier Meinungsäußerung andererseits vorzunehmen. Danach müsse jemand grundsätzlich Äußerungen, die unwahre Behauptungen beinhalten, bloße Schmähkritik oder gar Beleidigungen nicht hinnehmen. Bloße Werturteile und wahre Tatsachenbehauptungen hingegen seien grundsätzlich zulässig.

Im vorliegenden Fall bestehe noch die Besonderheit, dass die Auktionsplattform eBay ein Bewertungssystem bereithält, dem sich beide Parteien bewusst unterworfen hätten. Dieses System diene dazu, es anderen Nutzern zu ermöglichen, sich über einen normalerweise unbekannten Geschäftspartner eine eigene Meinung aus den bisher abgegebenen Bewertungen zu bilden. Vor diesem Hintergrund sei es einem Nutzer der Plattform grundsätzlich auch zuzumuten, negative Bewertungen über sich hinzunehmen, so lange sie keine unwahren Tatsachen, bloße Schmähkritik oder Beleidigungen enthielten.

Die Inaugenscheinnahme des E-Mail-Verkehrs habe ergeben, dass die Bewertung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Tatsächlich habe der Kläger bereits in seiner ersten Mail die Einschaltung eines Anwalts angekündigt. Aus Sicht des Beklagten, der insoweit mit einem anwaltlichen Schreiben, Kostennoten oder gar einem Gerichtsverfahren rechnen musste, müsse dies als Drohung gewirkt haben, auch wenn eine solche Ankündigung rechtlich zulässig ist. Der Inhalt der Bewertung entspreche also den Tatsachen.

In seinem Verkaufsangebot kündigte der Kläger an, dass das Gerät aus seinem Privatbesitz als Privatkunde stammt. Dies sei aus Sicht eines objektiven Dritten (auch) als Abgrenzung zu dem weiter oben angebrachten Hinweis zu verstehen, dass der Kläger als gewerblicher Verkäufer angemeldet ist. Dem verständigen Nutzer dränge sich dabei auf, dass der Kläger – trotz gewerblich genutzten Accounts – in diesem Fall als Privatmann verkaufen will, mit der Folge, dass die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs mit seinen Schutzrechten für die Verbraucher nicht einschlägig sind. Auch diese Bewertung sei daher wahr.

Kommentar:

Das Urteil ist rechtskräftig.

Etwa zweitgleich zu vorliegender Entscheidung des AG München hatte auch das AG Bremen (Urt. v. 27.11.2009; Az. 9 C 412/09) die Frage der Rechtmäßigkeit einer negativen Bewertung bei eBay zu klären. Das Hansestädter Gericht entschied, dass „eine beim Internetauktionshaus eBay abgegebene negative Bewertung eines Käufers auch dann berechtigt sein kann, wenn die Verkaufsabwicklung seitens des Verkäufers formal rechtmäßig war.“ In seiner Entscheidung grenzt das Gericht dabei zwischen unzulässiger Schmähkritik/Beleidigung und zulässiger Äußerung in einem Bewertungsportal ab. In diesem Zusammenhang verweise ich auf meinen Beitrag vom 19.02.2010.