Rechtsnormen: Art. 15, Art. 50 Abs. 1 EG-VO Nr. 40/94

Eine Marke muss nach Ablauf einer Benutzungsschonfrist von fünf Jahren benutzt werden, damit der Markenschutz fortbesteht. Die Frage ist nun, unter welchen Voraussetzungen von einer rechtserhaltenden Benutzung in diesem Sinne auszugehen ist. Damit hat sich das EuG beschäftigt.

Das EuG hat mit Urteil vom 10.06.2010 (Az. T-482/08 (HABM)), entschieden, dass zur Feststellung einer Beeinflussung der Unterscheidungskraft einer Gemeinschaftsmarke durch hinzugefügte Bestandteile zunächst die Unterscheidungskraft und die Dominanz der hinzugefügten Bestandteile zu prüfen sind. Hierbei ist auf die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der Gemeinschaftsmarke abzustellen. Rechnungen können eine rechtserhaltende Benutzung gemäß Art. 15 Abs. 2 lit. a EG-VO Nr. 40/94 nachweisen.

Zum Sachverhalt:

Ende 1998 wurde für die Dienstleistungen „Transportwesen (Gütertransport)“ die Gemeinschaftsmarke „ATLAS TRANSPORT“ eingetragen. Mitte 2006 wurde beim HABM der Antrag gestellt, die Marke wegen Nichtbenutzung für verfallen zu erklären. Die Inhaberin legte zwecks Nachweises einer Nutzung im Zeitraum 2001 bis 2006 insgesamt 19 Rechnungen vor, in denen allerdings das Markenwort lediglich als einer von drei Bestandteilen des Logos erschien. Die Nichtigkeitsabteilung des HABM wies den Antrag zurück. Im Anschluss an das Beschwerdeverfahren ordnete die vierte Beschwerdekammer die Löschung der Marke an. Das HABM begründete seine Löschungsanordnung mit einem nicht erfolgten Nachweis einer ernsthaften Markenbenutzung.

Nun hebt das EuG die Beschwerdekammerentscheidung wieder auf. Im Gegensatz zur Vorinstanz sieht es in den vorgelegten Rechnungen eine rechtserhaltende Benutzung iSv Art. 15 Abs. 2 lit. a EG-VO 40/94. Obwohl die Marke dort nicht in der eingetragenen Form verwendet werde, beeinflussten die Abweichungen nicht die Unterscheidungskraft der Marke. Zur Überprüfung einer Beeinflussung der Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke durch die Abwandlung seien Unterscheidungskraft und Dominanz der hinzugefügten Bestandteile näher zu prüfen. Hierbei sei auf die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der Gemeinschaftsmarke abzustellen. So sei insbesondere zu prüfen, ob die Rechnungen gegenüber der eingetragenen Marke weitere Elemente enthalten, die die Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke so beeinflussen, was zu einem Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 führen würde. Nach Ansicht der Europarichter beeinflussen die eingefügten Elemente insgesamt nicht die Unterscheidungskraft der eingetragenen Marke. Somit lieferten die vorgelegten Rechnungen den erforderlichen Nachweis einer hinreichenden Markennutzung.

Kommentar:

Das EuG lässt lediglich 19 Rechnungen aus einem Zeitraum von fünf Jahren als Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke ausreichen. Vorliegend stellt das EuG geringe Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung einer Gemeinschaftsmarke. Lediglich 19 uneinheitliche Rechnungen für einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren sind als eher wenig einzuschätzen. Praktisch bedeutet das aber auch: Auch die vermeintlich seltene Verwendung bestimmter Marken sollte sorgfältig dokumentiert werden, um sich analog zu vorliegendem Fall gegen mögliche Verfallsanträge zur Wehr setzen zu können. Der Nichtbenutzungseinwand wird auch häufig in Verletzungsprozessen von der Beklagtenseite eingewandt. Wichtig ist insoweit allgemein, dass sich die Benutzung auch gerade auf die eingetragenen oder betroffenen Waren und Dienstleistungen bezieht.