Rechtsnorm: § 22 KunstUrhG

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 10.09.2010 (Az. 6 U 35/10) entschieden, dass der Boxerin Regina Halmich ein Anspruch auf Schadensersatz aufgrund arglistiger Täuschung und Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes infolge der kommerziellen Vermarktung des Kinofilms „Königin im Ring“ ohne ihre Einwilligung zusteht.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin Regina Halmich war viele Jahre eine erfolgreiche Profiboxerin, die Beklagte ist Autorin und Regisseurin von Dokumentarfilmen, der Beklagte Kameramann. Ende 2007 schlossen die Parteien einen Vertrag über einen Dokumentarfilm, der das Leben und den Werdegang von Frau Halmich zeigen sollte. Diese sollte für ihre Mitwirkung an dem Film eine Vergütung von 3.500 Euro erhalten, im Gegenzug erhielten die Beklagten das Recht, den Film im Fernsehen und bei Filmfestivals zu zeigen. Eine Einwilligung der Klägerin zur Vorführung im Kino zu kommerziellen Zwecken stand laut Vertrag „unter der aufschiebenden Bedingung… des Abschlusses eines branchenüblichen Verwertungsvertrages mit einem Filmverleih und der Bezahlung einer weiteren angemessenen Vergütung für die Einräumung des Vorführungsrechts an Frau Halmich.“

Anfang 2008 legten die Beklagten der Klägerin ein Schriftstück zur Unterschrift vor, das die Erklärung enthielt, die aufschiebende Bedingung zum Vorführrecht entfalle und im Übrigen seien alle weiteren aufschiebenden Bedingungen erfüllt. Anschließend wurde ein Filmverleihvertrag abgeschlossen und der Film „Königin im Ring“ lief in den Kinos an. Die Klägerin focht ihre schriftliche Erklärung wegen arglistiger Täuschung an und erhob Feststellungklage eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes, da der Film ohne ihre Einwilligung in die Kinos gekommen sei.

Nachdem zunächst das Landgericht Karlsruhe einen Schadensersatzanspruch feststellte, bestätigte nun auch die Berufungsinstant den Schadensersatzanspruch der Klägerin.

So führt der 6. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat aus, dass nach § 22 Satz 1 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Das auf diese Weise geschützte Recht am eigenen Bild sei eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. In dem Film würde Frau Halmich nicht nur bei Auftritten in der Öffentlichkeit, etwa bei Boxkämpfen vor Publikum gezeigt, sondern auch auf zahlreichen Bildern aus ihrer Kindheit und Jugendzeit sowie in ihrer privaten und häuslichen Umgebung. Frau Halmich habe zwar für ihre Mitwirkung an dem Film bereits einen Betrag in Höhe von 3500 Euro erhalten, auch seien ihr Anwaltskosten in Höhe von 3000 Euro erstattet worden, dennoch gelte ihre Einwilligung zur kommerziellen Verwertung des Films im Kino als nicht erteilt, da sie sich zunächst nur mit der Vorführung des Films im Kino im Rahmen von Filmfestivals einverstanden erklärt hätte. Wäre allerdings die Vereinbarung vom Januar 2008 als wirksam anzusehen, hätte Frau Halmich auf die Beschränkungen, unter denen sie ihre Einwilligung zur Verbreitung ihres Bildnisses im ursprünglichen Vertrag gestellt hatte, verzichtet. Mit dem Landgericht kam der Senat jedoch zu der Auffassung, dass Frau Halmich ihre Willenserklärung wirksam und fristgerecht angefochten habe. Nach der Beweisaufnahme habe das Landgericht eine arglistige Täuschung zu Recht darin gesehen, dass die Beklagten Frau Halmich vorgespiegelt hätten, sie benötigten ihre Unterschrift lediglich zur Quittierung des erhaltenen Geldbetrages und als Voraussetzung für die Erlangung von Fördergeldern, für Frau Halmich seien damit aber keine Nachteile verbunden. Sie hätten ihr verschwiegen, dass sie mit ihrer Unterschrift auf die Möglichkeit verzichte, eine weitere, erhebliche Vergütung für ihre Einwilligung in die Verwertung des Films im Kino zu erlangen. Für dieses Ergebnis sprächen nicht nur die Aussagen der vernommenen Zeugen, sondern auch weitere Gesichtspunkte, so sei die Ergänzungsvereinbarung nicht mit den Anwälten von Frau Halmich abgesprochen worden, die sich zuvor mit dem Vertrag befasst hätten, man habe ihr keine Kopie der Vereinbarung überlassen, der eigentliche Schwerpunkt der Regelung, nämlich der Verzicht, sei nur verklausuliert ausgedrückt worden. Das Verhalten begründe die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz wegen rechtswidriger und schuldhafter Verletzung des Rechts der Klägerin am eigenen Bild. Die Täuschungshandlung habe die kommerzielle Verwertung des Films im Kino ermöglicht und eingeleitet. Die Beklagten hätten die Voraussetzung dafür geschaffen und daran mitgewirkt, dass die kommerzielle Verwertung des Films im Kino ohne die nach § 22 KunstUrhG erforderliche Einwilligung der Klägerin angelaufen sei. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz, da die Beklagten diesen Anspruch in Abrede stellten, die Höhe des Schadens noch nicht feststehe und die Verjährung des Anspruchs drohe.

Das OLG ließ die die Revision gegen dieses Urteil nicht zu. Es ist damit rechtskräftig.

Vgl. hierzu Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 10.09.2010