Rechtsnorm: VO (EG) Nr. 40/94 (Gemeinschaftsmarkenverordnung)

Aktuell hat das EuG mit Urteil vom 20.09.2011 (Az. T-232/10) entschieden, dass das sowjetische Staatswappen nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann.

Zum Sachverhalt:

2006 meldete die Couture Tech Ltd. beim HABM ein Bildzeichen als Gemeinschaftsmarke an. Mit der Begründung, die Marke bestehe aus einer exakten Darstellung des Wappens der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), lehnte das HABM eine Anmeldung ab. Bezugnehmend auf die Rechtsprechung und Verwaltungspraxis in mehreren EU-Mitgliedsstaaten (Ungarn, Lettland und Tschechien) stellte das HABM fest, die dargestellten Symbole würden von einem wesentlichen Teil der betroffenen Verkehrskreise in der Europäischen Union als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten aufgefasst werden. Das Harmonisierungsamt verweist hier unter anderem auf die schrecklichen Erfahrungen einer Vielzahl von Menschen mit der Sowjet-Diktatur.

Wegen der Nichtanmeldung erhob die Couture Tech Ltd. eine auf Aufhebung dieser Entscheidung gerichtete Klage beim EuG.

Das EuG hat die Klage der Couture Tech Ltd. nun abgewiesen.

Das Gericht führt dabei zunächst aus, dass eine Marke von der Eintragung auszuschließen ist, wenn sie in einem Teil der Union gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstößt, wobei dieser Teil gegebenenfalls ein einziger Mitgliedstaat sein kann.

Im Weiteren stellt das Europagericht fest, dass bei der Auslegung der Begriffe „öffentliche Ordnung“ und „gute Sitten“ nicht nur auf die allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Umstände einzugehen ist, sondern ebenso die besonderen Umstände in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen sind. Die Gemeinschaftsregelung für Marken verlange als autonomes System zwar die Unabhängigkeit vom nationalen System, jedoch seien die Rechtsvorschriften und die Verwaltungspraxis bestimmter Mitgliedstaaten vorliegend als tatsächliche Anhaltspunkte zu berücksichtigen. Dies diene einer sachnahen „Beurteilung der Wahrnehmung von mit der ehemaligen UdSSR verbundenen Symbolen durch die maßgeblichen Verkehrskreise in den betreffenden Mitgliedstaaten“.

Das Gericht betont, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer des HABM in der Sache richtig entschied. So gelten Hammer und Sichel und der fünfzackige rote Stern nach ungarischem Recht als „Symbole des Despotismus“, deren Benutzung gegen die öffentliche Ordnung verstößt.