Rechtsnormen: Art. 12, 105 Abs. 2a GG; § 9 Abs. 4 KAG BW

Mit Urteil vom 11.07.2012 (Az. 2 S 2995/11) hat der VGH Mannheim entschieden, dass ein Steuersatz von 20% der Bruttokasse für Gewinnspielautomaten rechtmäßig ist.

Zum Sachverhalt:

Die Antragstellerin betreibt in einer baden-württembergischen Gemeinde zwei Spielhallen mit jeweils acht Spielautomaten. Weitere Automaten hat sie in einer Tankstelle und einem Bistro aufgestellt.

Seit Juli 2011 erhebt die Gemeinde entsprechend ihrer Vergnügungssteuersatzung 20% Steuern auf die gezählte Bruttokasse der Automaten, wobei die ausgezählten Gewinne vom den eingezahlten Spieleinsätzen abgezogen werden.

Mit ihrem Antrag beabsichtigte die Antragstellerin, die Vergnügungssteuersatzung für nichtig erklären zu lassen. Zur Begründung führte sie aus, der Gemeinderat habe schon nicht rechtmäßig über die Höhe des Steuersatzes beraten. So habe er die Auswirkungen der Satzung auf den Betrieb der Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt. Der Steuersatz in der nun vorliegenden Form habe für sie erdrosselnde Wirkung, wodurch ihr Beruf unrentabel werde.

Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof folgte der Ansicht der Automatenbetreiberin jedoch nicht. Die Richter erklärten die Satzung nicht für ungültig, da diese nicht gegen höherrangiges Recht verstoße.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Gegen den von der Antragsgegnerin in ihrer Satzung festgesetzten Steuersatz bestehen danach nicht deshalb Bedenken, weil der Gemeinderat der Antragsgegnerin es unterlassen hat, die mit einem solchen Steuersatz verbundenen Auswirkungen auf den Betrieb der Antragstellerin zu ermitteln. Die in einer gemeindlichen Steuersatzung festgesetzten Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers kommt es deshalb bei der Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit nicht an. Soweit von einem „Besteuerungsermessen“ gesprochen wird, ist damit lediglich gemeint, dass die Gemeinden hinsichtlich der Erhebung einer Steuer sowie der Höhe des Steuersatzes eine weitreichende Gestaltungsfreiheit haben, bei deren Ausübung vor allem kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielen. Eine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die die Gemeinde dazu verpflichtete, vor dem Erlass einer Steuersatzung die davon berührten Interessen der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und sie mit ihren eigenen gemeindlichen Interessen abzuwägen, besteht nicht (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 23.6.2010 – 14 A 597/09 – DVBl 2010, 1255; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 8.11.2010 – 9 LA 199/09 – NordÖR 2011, 79; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.8.2011 – 4 L 323/09 – KStZ 2012, 31).

Die angefochtene Satzung ist demzufolge nicht deshalb rechtswidrig, weil der Gemeinderat der Antragsgegnerin sich nicht näher mit der Frage beschäftigt hat, ob der von ihm festgesetzte Steuersatz es der Antragstellerin unmöglich macht, ihren Geschäftsbetrieb weiterzuführen, sondern wäre es nur dann, wenn sich eine solche Wirkung tatsächlich feststellen ließe. Das ist jedoch nicht der Fall. (…). Die Höhe des in der Satzung der Antragsgegnerin festgesetzten Steuersatzes führt zu keiner anderen Beurteilung. Ein Steuersatz von 20 % auf die Bruttokasse liegt zwar an der oberen Grenze desjenigen, was in der Rechtsprechung unter den jeweils gegebenen Umständen noch als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft worden ist. Ein solcher Steuersatz kann jedoch nicht per se als erdrosselnd angesehen werden. Seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit hängt vielmehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Die Antragstellerin hat während des Normenkontrollverfahrens drei Aufstellungen über ihre Einnahmen und Ausgaben vorgelegt, die sich zum Teil erheblich voneinander unterscheiden. Nach der zuletzt mit Schriftsatz vom 21.3.2012 (als Anlage 17) vorgelegten Aufstellung hat sie im Jahr 2011 Einnahmen von insgesamt 343.468,16 EUR erzielt, die sich aus den Einnahmen aus den beiden von ihr betriebenen Spielhallen (282.984,47 EUR), den Einnahmen aus den in einem Bistro aufgestellten Geldspielgeräten (36.457,89 EUR) sowie den Einnahmen aus den in einer Tankstelle aufgestellten Geldspielgeräten (24.025,80 EUR) zusammensetzen. Die Ausgaben einschließlich der an die Antragsgegnerin zu bezahlenden Vergnügungssteuern werden in der Aufstellung mit 345.104,69 EUR beziffert, woraus sich ein Minusbetrag von 1.636,53 EUR errechnet. Die Aufstellung ist jedoch mit verschiedenen Rechenfehlern behaftet. Sie ist ferner insofern zu beanstanden, als sowohl die von der Antragstellerin auf der Ausgabenseite berücksichtigte Gebäudemiete als auch der ebenfalls zu den Ausgaben gerechnete „Anteil des Wirts“ an den Einnahmen aus den in einem Bistro bzw. einer Tankstelle aufgestellten Geldspielgeräten sich als weit überhöht darstellen. (…) Auf der Grundlage der übrigen in der Aufstellung der Antragstellerin enthaltenen Zahlen ergibt sich danach für den Betrieb der beiden Spielhallen ein jährlicher Überschuss von ca. 42.000 EUR und für den Betrieb der in einem Bistro bzw. einer Tankstelle aufgestellten Geldspielgeräte ein Überschuss von zusammen ca. 10.000 EUR. Davon, dass der in der Satzung der Antragsgegnerin festgesetzte Steuersatz es der Antragstellerin unmöglich machte, ihren Geschäftsbetrieb weiterzuführen, kann somit keine Rede sein.

Kommentar:

Das Gericht ließ die Revision zum BVerwG nicht zu. Die Antragstellerin kann jedoch binnen Monatsfrist nach Zustellung Nichtzulassungsbeschwerde einreichen. Falls diese dann abgelehnt werden sollte, steht ihr noch die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde beim BVerfG zu.