Rechtsnorm: § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB

Mit unanfechtbarem Beschluss vom 29.10.2012 U (Az. 9 S 1353/11) hat der VGH Mannheim entschieden, dass eine Geflügelfleischproduzentin industriell hergestellte Produkte nicht als „Puten-Filetstreifen, gebraten“ und „Hähnchen-Filetstreifen, gebraten“ bezeichnen darf. Eine solche Bezeichnung ist nur für geschnittenes natürlich gewachsenes Geflügelfleisch zulässig.

Zum Sachverhalt:

Klägerin ist eine Produzentin von Geflügelfleischprodukten, gegen die das Landratsamt Schwäbisch Hall ein lebensmittelrechtliches Bußgeldverfahren eingeleitet hatte. Der Fleischproduzentin wurde zur Last gelegt, irreführende Verkehrsbezeichnungen für zwei ihrer Produkte zu unterhalten. Demnach seien die Bezeichnungen „Puten-Filetstreifen, gebraten“ und die „Hähnchen-Filetstreifen, gebraten“ wegen der industriellen Herstellung der Produkte irreführend. In einem mechanischen Verfahren namens „Tumbeln“ werden die Fleischstücke zerrissen und erhalten eine weiche Struktur. Zusammen mit einem kleinen Anteil Brät werden sie anschließend in einen Kunstdarm gefüllt, gekocht und nach dem Erkalten frittiert.

Das erstinstanzliche VG Stuttgart wies die Klage ab. Die Klägerin strebte daher das Berufungsverfahren an. Allerdings lehnte der VGH Mannheim den Zulassungsantrag ab. Nach Ansicht des Gerichts seien die Bezeichnung und Aufmachung der Produkte geeignet, über deren tatsächliche Beschaffenheit und die Herstellung zu täuschen.

Mit einer Presseerklärung vom 07.11.2012 führt der VGH Mannheim zur Begründung aus:

„Die von der Klägerin gewählten Produktbezeichnungen seien rechtlich nicht festgelegt. Sie entsprächen auch keiner nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblichen Bezeichnung. Bezeichnung und Aufmachung der streitigen Geflügelfleischerzeugnisse seien ferner geeignet, über deren tatsächliche Beschaffenheit und die Art ihrer Herstellung zu täuschen. Insoweit habe das Verwaltungsgericht rechtlich zutreffend darauf abgestellt, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die Bezeichnung wahrscheinlich auffassen werde. Bei Anlegung dieses Maßstabs sei auch der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass ein Großteil der Verbraucher bei der Bezeichnung „Puten- bzw. Hähnchen-Filetstreifen, gebraten“ erwarte, dass diese Produkte wie im traditionellen Fleischerhandwerk aus dem natürlich gewachsenen Stück Geflügelfleisch geschnitten seien. Zudem werde in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs, die ein wichtiges Hilfsmittel zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen seien, der Begriff „Filet“ bei Geflügel als die „von Haut und Knochen befreite (‚filetierte‘) Brustmuskulatur“ beschrieben. Daher sei anzunehmen, dass der Verbraucher dem Begriff „Filet“ gerade die Bedeutung eines Qualitätsmerkmals in dem Sinne beimesse, dass die Streifen unmittelbar aus naturbelassener Geflügelbrust geschnitten seien. Er rechne dagegen nicht ernsthaft damit, dass Produkte mit der Bezeichnung „Filet-Streifen“ aus der erkalteten Masse gewonnen würden, die entstehe, nachdem Geflügelbrüste durch mechanische Behandlung (Tumbeln) eine weiche Struktur erhalten hätten und teilweise zerrissen worden seien und dann mit einem erheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Fleischmasse in einen Kunstdarm gefüllt und gekocht worden seien. Schließlich habe das Verwaltungsgericht die maßgebliche Verbrauchererwartung entgegen dem Vortrag der Klägerin auch nicht falsch ermittelt.“

Kommentar:

Ähnlich entschied zuletzt auch das VG Berlin, das über die Zulässigkeit der Bezeichnung „Hähnchen-Kebab“ für gemixtes zerkleinertes Geflügel-Döner-Fleisch zu entscheiden hatte. Demnach muss ein „Hähnchen-Kebab“ aus gewachsenen Fleischstücken bestehen. Mein Blog-Beitrag zu dieser Entscheidung ist hier abrufbar.