Mit Urteil vom 30.09.2010 (Az. 21 B 09.140) hat der Bayrische VGH entschieden, dass es ausreichend ist, wenn mindestens ein Viertel der Lehrkräfte eines Nachhilfeinstituts die Befähigung zum Lehramt besitzt. Die übrigen Lehrkräfte müssen fachlich geeignet sein.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger betrieb vier Jahre ein Nachhilfeinstitut in Würzburg, das Unterricht in den Fächern Mathematik, Physik, Deutsch, Englisch, Latein, Französisch, Chemie, Rechnungswesen, Betriebswirtschaftslehre, Buchführung und Steuern anbot. Zielgruppe waren Grund-, Haupt-, Realschüler und Gymnasiasten ebenso wie Berufsschüler, Berufsoberschüler und Fachoberschüler. Im Juli 2006 bestand das Lehrpersonal aus einer Sonderpädagogin, einer Person mit abgeschlossenem Anglistikstudium, einer Steuerfachfrau, zwei Diplom-Betriebswirten, einer promovierten Diplom-Chemikerin, einer Diplom-Sozialpädagogin, einer Hauptschullehrerin, einer Bankkauffrau, einer Musikpädagogin, drei Diplom-Physikern, einem Magister für Englisch, zwei Unterrichtenden an einer Dolmetscherschule und zehn Studenten verschiedener Fachrichtungen. Somit waren von den insgesamt 26 Nachhilfelehrern nur zwei ausgebildete Lehrkräfte. Bei Nachweis einer „ordnungsgemäß“ auf staatliche Prüfungen vorbereiten Lehrtätigkeit werden solche Nachhilfeinstitute von der zuständigen Behörde von der Umsatzsteuer befreit. Vorliegend bescheinigte die zuständige Behörde der Regierung von Unterfranken dem Institut diese Tätigkeit nicht und begründete dies mit der aus ihrer Sicht zu geringen Anzahl ausreichend pädagogisch geschulter Lehrkräfte. Der Kläger entgegnete dem, diese Anforderung sei „lebensfremd“, da überall vorrangig Studenten Nachhilfeunterricht erteilten. Jedenfalls seien alle an seinem Institut tätigen Lehrkräfte hinreichend fachlich qualifiziert. Bei möglichen pädagogischen Problemen stünden den Nachhilfelehrern eine ausgebildete Sonderpädagogin und weitere Pädagogen mit Rat und Tat zur Seite. Auch an staatlichen Schulen würden für Vertretungsstunden heutzutage zunehmend Lehrer ohne abgeschlossene pädagogische Ausbildung eingesetzt.

Nachdem das zuständige Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2008 als unbegründet abgewiesen hatte, bestätigte nun der Bayrische VGH das erstinstanzliche Urteil.

Zu den Entscheidungsgründen gibt die Pressemitteilung der Landesanwaltschaft Bayern vom 18.11.2010 Auskunft:

Eine im Gerichtsverfahren durchgeführte Befragung über die Praxis bei der Erteilung von Umsatzsteuerbefreiungen bei den anderen Bezirksregierungen in Bayern ergab eine sehr unterschiedliche Handhabung. Das Gericht orientiert sich daher bei seiner Entscheidung an einer Auskunft des Kultusministeriums zu einer Landtagsanfrage. Der Fragesteller wollte wissen, wie viele Vertretungslehrkräfte im Schuljahr 2008/2009 an weiterführenden Schulen eingesetzt wurden und ob es zutreffe, dass dort Studenten oder Absolventen mit dem 1. Staatsexamen für ein Lehramt unterrichten. Aus der Antwort des Kultusministeriums ergab sich, dass etwa 25% der Aushilfslehrer an öffentlichen Schulen die Befähigung für ein Lehramt besaßen. Allerdings müsse die Qualifikation der Lehrkräfte nicht in jeder Hinsicht dem Standard an öffentlichen Schulen entsprechen. Da die Nachhilfe vorrangig der Nachbereitung des schulischen Unterrichts und der Auffüllung von Wissenslücken dient, sei es ausreichend, wenn mindestens ein Viertel der Lehrkräfte die Befähigung zum Lehramt besitzt und die übrigen Lehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet sind.