Mit Entscheidungen vom 16.12.2010 (Az. 4 K 3576/10, 4 K 3645/10, 4 K 3646/10) hat das VG Stuttgart drei Klagen Privater gegen das Land Baden-Württemberg wegen Untersagung der Vermittlung von Sportwetten stattgegeben und die Untersagungsverfügungen aufgehoben.

Zum Sachverhalt:

Im Wesentlichen waren die angegriffenen Untersagungsverfügungen darauf gestützt, dass es sowohl nach dem Lotteriestaatsvertrag als auch nach dem seit 01.01.2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrag allein den staatlichen bzw. staatlich beherrschten Lotterieverwaltungen der Bundesländer gestattet sei, Sportwetten zu veranstalten. So seien zur Vermittlung ausschließlich zugelassene Annahmestellen befugt; dies schließe eine Vermittlung durch Private aus.

Nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH folgte das Stuttgarter Verwaltungsgericht der Argumentation des Landes Baden-Württemberg nicht:

Vielmehr sah es in den Untersagungsverfügungen einen Verstoß gegen die Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit und somit als unvereinbar mit dem Vorrang des Europarechts an.

In seiner Pressemitteilung vom 17.12.2010 geht das Gericht auf seine näheren Gründe folgendermaßen ein:

Nach dessen (EuGH) Vorgaben seien zwar staatliche Monopole im Bereich der Sportwetten zum Schutz vor Suchtgefahren grundsätzlich möglich, allerdings nur bei hinreichend kohärentem staatlichen Verhalten im Bereich der Glücksspiele insgesamt. An einer solchen Kohärenz fehle es schon deshalb, weil der unter dem Aspekt der Suchtgefahren besonders bedeutsame Bereich der Automatenspiele nicht von dem Monopol erfasst wird und zudem durch Änderungen in der Spielverordnung mit der Folge eines erheblichen Anwachsens dieses Sektors ausgeweitet worden ist.

Kommentar:

Hinsichtlich der Abweichung vom einem Urteil des VGH Baden-Württemberg aus der Zeit vor der Vorabentscheidung des EuGH wurde jeweils die Berufung vor dem VGH Baden-Württemberg, die innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt werden kann, zugelassen.

Dieses Urteil steht im Widerspruch zu einigen anderen aktuellen Verwaltungsgerichtsentscheidungen: So entschied bspw. das OVG Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 08.12.2010 (Az. 6 B 11013/10.OVG), dass die Untersagung privater Sportwettenvermittlung trotz der aktuellen Rechtsprechung des EuGH weiterhin darauf gestützt werden kann, dass der Vermittler über keine glücksspielrechtliche Erlaubnis verfügt. Vgl. hierzu meinen Beitrag vom 16.12.2010: blog/2010/12/16/ovg-koblenz-bestaetigung-des-verbots-privater-sportwetten/

Auch das Verwaltungsgericht Koblenz hat in mehreren Eilverfahren mit Beschlüssen vom 19.11.2010 (Az. 5 L 1241/10.KO, 5 L 1260/10.KO, 5 L 1261/10.KO, 5 L 1320/10.KO, 5 L 1321/10.KO, 5 L 1323/10.KO) entschieden, dass trotz der aktuellen EuGH-Entscheidungen vom 08.09.2010 die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten weiterhin stets einer behördlichen Erlaubnis bedürfen. Vgl. hierzu meinen Beitrag vom 10.12.2010: blog/2010/12/10/vg-koblenz-sportwetten-vermittlung-weiterhin-nur-mit-behoerdlicher-genehmigung/

Das Verwaltungsgericht Braunschweig entschied (Beschluss vom 07.10.2010, Az. 5 B 178/10), dass die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 08.09.2010 zum staatlichen Wettmonopol nicht zur Folge haben, dass Betreiber privater Sportwettbüros jetzt erfolgreich gerichtlich mit neuen Eilanträgen gegen Untersagungsverfügungen des Niedersächsischen Innenministeriums vorgehen können. Vgl. hierzu meinen Beitrag vom 22.10.2010: blog/2010/10/22/vg-braunschweig-auch-nach-eugh-entscheidung-private-sportwettbueros-weiterhin-unzulaessig/