Rechtsnormen: § 6 Abs. 1 EichG, §§ 18 Abs. 4, Abs. 5, 6 Abs. 1 Fertig-PackV

Mit Urteil vom 16.01.2013 (Az. 12 K 2568/12) hat das VG Stuttgart entschieden, dass ein Hersteller von Druckerpatronen die Menge der in den Patronen enthaltenen Tinte nicht angeben muss. Ein Verstoß gegen die Fertigpackungsverordnung liegt nicht vor.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin ist Produzentin und Händlerin von Druckerpatronen. Wegen fehlender Angaben über die Nachfüllmenge für Patronen auf den Verpackungen lagen dem Regierungspräsidium Verbraucherbeschwerde vor, weswegen es 2009 Ermittlungen gegen die Klägerin aufnahm. Es kam zum Ergebnis, dass bei fast allen neuen Druckerpatronen die Angabe der Nennfüllmenge der darin enthaltenen Tinte fehlte und nur die Angabe der bedruckbaren Seiten erfolgte. Das Regierungspräsidium forderte die Klägerin daher mit Schreiben vom 09.02.2011 auf, bis Ende 2011 alle Patronen mit der Nennfüllmenge nach Volumen auszuzeichnen. In der Nachschau stellte das Regierungspräsidium fest, dass der Patronenhersteller der Auflage nicht nachkam. Daher ordnete es mit Bescheid vom 26.06.2012 an, dass die Klägerin die Fertigpackungen gemäß den Vorgaben der Fertigpackungsverordnung mit der Angabe der Nennfüllmenge nach Volumen in ml zu kennzeichnen habe; sofortiger Vollzug wurde angeordnet. Als Frist zur Durchführung wurde der 31.12.2012 festgesetzt. Im Übrigen verlangte das Regierungspräsidium die Erbringung eines Nachweises der Durchführung. Zur Begründung führte die Behörde aus, das Handeln der Klägerin verstieße gegen die Fertigpackungsverordnung. Eine Kennzeichnung nach bedruckbaren Seiten reiche nicht aus, da der Verbraucher auch nicht überprüfen könne, ob die ausgelobte Seitenzahl tatsächlich erbracht worden sei. Die Klägerin akzeptierte die Anordnung nicht und erhob Klage beim VG Stuttgart.

Das Gericht gab der Klage nun statt.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind nach allgemeiner Verkehrsauffassung verpackte Erzeugnisse bei Druckerpatronen mit flüssiger Tinte die Druckerpatronen und nicht die Tinte. So intendiere der Verbraucher den Erwerb von für seinen Drucker geeigneten Patronen. Anders als im Falle von Nachfüllpackungen könne er mit der Tinte allein nichts anfangen. Im Ergebnis sei die Klägerin nicht verpflichtet, Angaben zur Füllmenge der in ihren Patronen erhaltenen Tinte zu machen. Eine Angabe der jeweiligen Stückzahl der in einer Verkaufspackung enthaltenen Patronen sei entsprechend der Fertigpackungsverordnung ausreichend.

Im Einzelnen führt das Gericht zur Begründung aus:

„Im Übrigen ist die Klage zulässig. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist – soweit er noch im Streit ist – rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Nach § 6 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung (FPV) dürfen Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Füllmenge nach Gewicht, Volumen oder Stückzahl oder in einer anderen Größe angegeben ist. Sofern nicht nach den §§ 7 bis 9 FPV die Angabe in einer bestimmten Größe vorgeschrieben ist, hat die Angabe der allgemeinen Verkehrsauffassung zu entsprechen. Dabei sind nach § 6 Abs. 1 EichG Fertigpackungen Erzeugnisse in Verpackungen beliebiger Art, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen werden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 EichG ist Füllmenge die Menge, die eine einzelne Fertigpackung enthält. Diese Begriffsbestimmungen gelten auch für die Fertigpackungsverordnung, denn die Rechtsgrundlagen für die FPV-Vorschriften waren ausschließlich die entsprechenden Ermächtigungsnormen des Eichgesetzes (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 116 Vorbemerkung zur Fertigpackungsverordnung RdNr. 7f.).

Der angefochtene Bescheid geht davon aus, dass die von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Druckerpatronen einschließlich deren Umhüllungen Fertigpackungen im Sinne dieser Vorschriften sind und dabei die Tinte das verpackte Erzeugnis im Sinne des § 6 Abs. 1 EichG ist. Dieser Auffassung folgt die erkennende Kammer nicht. Sie geht davon aus, dass nach allgemeiner Verkehrsauffassung die verpackten Erzeugnisse in diesem Sinne die Druckerpatronen sind. Denn der Verbraucher will beim Kauf von Druckerpatronen nicht primär Tinte kaufen, sondern eben eine für seinen Drucker passende Druckerpatrone als (gebrauchs-)fertige Einheit. Mit der Tinte allein kann er – anders als im Falle von Nachfüllpackungen – nichts anfangen.

Danach scheidet die von der Beklagten in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids aufgegebene Angabe der Füllmenge nach Volumen in ml (§ 18 Abs. 4 und 5 FPV) von vornherein aus. Vielmehr dürfte – ohne dass es hierauf im konkreten Rechtsstreit ankommt – die von der Klägerin gemachte Angabe der jeweiligen Stückzahl der in einer Verkaufspackung enthaltenen Druckerpatronen den Vorgaben des § 6 Abs. 1 Verpackungsordnung entsprechen. Unerheblich ist damit auch, ob die Angabe der bedruckbaren Seiten die Angabe „einer anderen Größe“ im Sinne von § 6 Abs. 1 FPV ist. Unerheblich ist schließlich, welche rechtlichen Folgen es hat, dass sich die Auflagen im angefochtenen Bescheid auf die „Nennfüllmenge“ beziehen, obwohl offensichtlich im Rechtssinne die „Füllmenge“ gemeint war, wie sich aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 10.09.2012 ergibt, und die „Füllmenge“ auch der nach § 6 Abs. 1 FPV richtige Regelungsgegenstand gewesen wäre.

Damit ist zugleich die Anordnung in Nr. 3 Satz 2 des angefochtenen Bescheids rechtswidrig, über die durchgeführte Maßnahme einen Nachweis zu erbringen.“

Kommentar:

Die Stuttgarter Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das VG ließ die Berufung zum VGH Mannheim wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zu. Es ist von einem Berufungsverfahren auszugehen.