Rechtsnormen: §§ 7, 18 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 ZensG 2011 , § 1 StichprobenV

Nachdem bereits kürzlich das VG Gießen entschied, dass die Haushaltebefragung im Rahmen des Zensus 2011 zulässig war, hat nun mit dem VG Neustadt (Urt. v. 21.11.2011, Az. 4 K 817/11.NW) ein weiteres Gericht die Haushaltebefragung für zulässig erklärt und bestätigt, dass ein zur Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis herangezogener Bürger zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Auskunft verpflichtet ist.

Zum Sachverhalt:

Europaweit findet in diesem Jahr eine Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung („Zensus 2011“) statt. In diesem Zusammenhang werden auch in Deutschland mit Stichtag 09.05.2011 Daten über die Bevölkerung erhoben. So wird u.a. festgestellt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und was sie arbeiten. Gemäß dem eigens hierfür geschaffenen Zensusgesetz 2011 hat jeder ausgewählte Bürger eine Auskunftspflicht im Rahmen der im Mai durchgeführten Haushaltebefragungen auf Stichprobenbasis.

Der Kläger wurde zur Befragung ausgewählt. Im Rahmen seiner Befragung antwortete er nur teilweise und erhob teilweise Gegenfragen. Infolgedessen teilte ihm die zuständige Behörde des Landkreises Südliche Weinstraße mehrfach schriftlich mit, er habe die Fragen nur unzureichend beantwortet, und bat ihn, die fehlenden Antworten umgehend einzureichen. Der Kläger widersprach der Forderung des Kreises; das Statistische Landesamt wies den Widerspruch zurück.

Daher erhob der Kläger Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht Neustadt und macht geltend, das Zensusgesetz 2011 verstoße gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung . Der Fragebogen erfordere auch Antworten auf sehr intime Fragen, die ein nachhaltiges Eindringen in seine Privatsphäre bedeuten würden.

Das Neustädter Gericht wies die Klage nun ab.

Das Gericht lehnt eine Verfassungswidrigkeit des fraglichen Zensusgesetzes ab.

Mit Presseerklärung vom 28.11.2011 führt das Gericht zu den Entscheidungsgründen aus:

„Die Erhebung diene legitimen Zwecken des gemeinen Wohls, weil die Ergebnisse der Bevölkerungszählung ebenso wie die Gebäude- und Wohnungszählung u.a. zu den Berechnungen im Rahmen volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen benötigt würden. Hierdurch werde der Kläger auch nicht übermäßig belastet. Die verlangten Daten (Persönliche Angaben, Zuwanderung, Bildung und Ausbildung, Berufstätigkeit) beträfen entweder den Gemeinschaftsbezug des Individuums oder seien – was die höchstpersönliche Frage nach Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung angehe – freiwillig zu geben.

Selbst wenn mit den geforderten Daten Angaben verlangt werden sollten, die für den Kläger sensibel sein könnten, dienten diese allein statistischen Zwecken, würden also nur in anonymisierter Form verarbeitet. Das sei kein gravierender Eingriff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung und ihm zuzumuten.

Das Zensusgesetz 2011 stelle durch organisatorische und verfahrensrechtliche Regelungen hinlänglich sicher, dass die Angaben des Klägers nicht auch zu anderen Zwecken ge- oder missbraucht würden. Schließlich habe der Gesetzgeber auch hinreichend Vorsorge dafür getroffen , dass die gesammelten Daten nicht reidentifiziert und rückverfolgt werden könnten .“

Kommentar:

Mit diesem Urteil haben nun schon mehrere Instanzgerichte die Haushaltebefragung für rechtmäßig erklärt. Es bleibt aber abzuwarten, ob ein mögliches Rechtsmittelverfahren zu einem abweichenden Ergebnis kommen wird. Die Begründung des VG Neustadt ist jedenfalls genau so schlüssig wie die Begründung des Gießener Verwaltungsgerichts. Zu dieser Entscheidung habe ich einen Beitrag veröffentlicht, der hier abrufbar ist.