Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat mit noch nicht rechtskräftigem Beschluss vom 07.10.2010 (Az. 5 B 178/10) entschieden, dass die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 08.09.2010 zum staatlichen Wettmonopol nicht zur Folge haben, dass Betreiber privater Sportwettbüros jetzt erfolgreich gerichtlich mit neuen Eilanträgen gegen Untersagungsverfügungen des Niedersächsischen Innenministeriums vorgehen können.

Nach Ansicht des Braunschweiger Gerichts müssen die Betreiber der Sportwettbüros die Untersagungsverfügungen deshalb auch dann vorläufig weiterhin befolgen, wenn sie Klage gegen die Verfügungen erhoben haben.

Zum Sachverhalt:

Die Inhaberin einer privaten Sportwettenvermittlung stellte einen Eilantrag gegen eine Verbotsverfügung mit sofortiger Wirkung des Niedersächsischen Innenministeriums. Die Klägerin begehrte die vorläufige Erlaubnis zum Weiterbetrieb ihrer Betriebsstätte bis zum Abschluss des Klageverfahrens. Diesen Eilantrag lehnte letztlich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem früheren Verfahren bereits ab. Um die Urteilsfindung vor dem EuGH abzuwarten, setzte das VG Braunschweig vorliegendes Verfahren vorübergehend aus.

Vor dem Hintergrund der Entscheidungen des EuGH vom 08.09.2010 beantragte die Antragstellerin, die früheren Eilentscheidungen wegen „veränderter Umstände“ abzuändern und ihr den Betrieb ihrer Sportwettenvermittlung vorläufig – bis zum Abschluss des Klageverfahrens – zu gestatten. Sie begründete ihren Antrag mit der Ausführung des EuGH, „dass das deutsche staatliche Sportwettenmonopol den europarechtlichen Anforderungen nicht genüge“.

Das VG Braunschweig folgte dieser Argumentation nun nicht und führt in seiner Pressemitteilung vom 13.10.2010 zur Urteilsbegründung Folgendes aus:

Der EuGH habe – anders als dies die Pressemitteilung des Gerichtshofes nahegelegt habe – nicht entschieden, dass die derzeitige rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwettenvermittlung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße, weil sie die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenze. Vielmehr habe der Gerichtshof – wie in derartigen sogenannten Vorabentscheidungsverfahren üblich – die tatsächlichen Feststellungen der vorlegenden Gerichte – hier der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart – seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne insoweit eigene Tatsachenfeststellungen zu treffen. Diese Tatsachenfeststellung der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart, die sich zudem auf die Sachlage vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum 1. Januar 2008 bezögen, teile das Verwaltungsgericht Braunschweig im Eilverfahren nicht uneingeschränkt. Die Braunschweiger Richterinnen und Richter vertreten – wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in früheren Entscheidungen – die Auffassung, es müsse dem Klageverfahren vorbehalten bleiben, die relevanten Umstände festzustellen und zu bewerten. Für die Zeit bis zur Entscheidung über die Klageverfahren ergebe eine Güterabwägung, dass die Interessen der privaten Sportwettenvermittler zurückzutreten haben. Denn von einem unregulierten Marktzugang gingen erhebliche Gefahren aus; außerdem hätten die Vermittler ihr Geschäft in einer Zeit begonnen, in der ihre Tätigkeit nach deutschen Gesetzen verboten war.“

Kommentar:

Am 12.10.2010 legte die Antragstellerin das Rechtsmittel der Beschwerde gegen vorliegenden Beschluss des VG Braunschweig ein. Über diese hat nun das Niedersächsische OVG zu entscheiden.

Heute debattiert die Ministerpräsidentenkonferenz in Magdeburg über die zukünftige Struktur des Glücksspielwesens. Über das Ergebnis dieser Konferenz und die weiteren Auswirkungen der EuGH-Urteile veröffentliche ich in Kürze einen weiteren Beitrag.