Rechtsnormen: Art. 16 VO (EG) Nr. 178/2002; § 11 Abs. 1 LFGB

Mit Urteil vom 15.12.2010 (Az. Vg  14 A 44.07, 14 A 44/07) hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden:

Nährwertangaben auf Fertigpackungen versteht der Durchschnittsverbraucher, soweit es an besonderen Zusätzen fehlt, automatisch als Aussage zu den Teilen des Produktes, die üblicherweise verzehrt werden. Nährwertangaben zu in Öl eingelegten Matjesfilets sind deshalb ohne weiteres auf die Nährwerte der Matjesfilets zu beziehen, da das zu Konservierungszwecken eingesetzte Öl im Regelfall nicht mit verzehrt wird.

(Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Die Parteien stritten darum, ob der Beklagte berechtigt war, ein von der Klägerin vertriebenes Fischerzeugnis wegen irreführender Bezeichnung lebensmittelrechtlich zu beanstanden. Klägerin ist ein in Hessen ansässiger Lebensmittelbetrieb, der u. a. Fischprodukte in Fertigverpackungen vertreibt, die in Penny-Supermärkten angeboten werden, so auch  „Edle Matjesfilets, nordische Art“, in Pflanzenöl eingelegte Matjesfilets. Mitte 2006 kauften behördliche Lebensmittelkontrolleure in einem Supermarkt eine Packung dieser Matjes-Filets, um später eine Kontrolle durchführen zu können. Die Kontrolle kam zu dem Ergebnis, dass „Diskrepanzen zwischen der deklarierten und der ermittelten Nährwertbestimmung“ bestünden. So sei ein Eiweißgehalt von 9,7 % und ein Fettgehalt von 28,0 % ermittelt worden. Deklariert sei jedoch ein Eiweißgehalt von 12,9 % und ein Fettgehalt von 15,8 %. Das zuständige Amt ging daher davon aus, dass die Deklarierung sich lediglich auf den Fisch beziehe, der Ölanteil jedoch keine Berücksichtigung finde. Mangels eindeutigen Bezugs wurde der Kennzeichnungskomplex als zur Irreführung geeignet gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB iVm Art. 16 VO (EG) Nr. 178/2002 beurteilt. Infolge dieser Schlüsse leitete die Behörde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahrens gegen den Geschäftsführer ein. Die Klägerin begehrt mit ihrer Verwaltunsgklage die gerichtliche Feststellung, dass die beanstandete Brenn- und Nährwertkennzeichnung entgegen der Ansicht der Lebensmittelkontrolleure rechtmäßig sei.

Das VG Berlin entschied nun, dass die Nährwertkennzeichnung nicht zu beanstanden sei. So sei weder ein Verstoß gegen nationales noch gegen Europarecht erkennbar:

Gemäß genannter Rechtsnormen dürfen Kennzeichnung, Aufmachung und Werbung von und für Lebensmittel den Verbraucher nicht irreführen. Maßgeblich ist hierfür die Sicht eines verständigen und normal informierten Durchschnittsverbrauchers. Nach Ansicht des Gerichts gehe es diesem Verbraucher „allein um nährwertbezogene Angaben für die Teile des Produkts, die er als „Durchschnittsverbraucher“ zu verzehren beabsichtigt und zu denen das Öl hier nicht gehört.“

So sei keineswegs immer der gesamte Verpackungsinhalt Maßstab. Es reiche demnach eine korrekte Angabe hinsichtlich des Produktteils, dessen Verzehr durch den Verbraucher entweder beworben werde oder zu erwarten sei. Darüber hinaus sei es auch unbeachtlich, dass es sich bei dem zusammen mit den Fischfilets in der Verpackung enthaltenen Öl um ein weiteres Lebensmittel handele, das auch im Zutatenverzeichnis Erwähnung finde, da es sich bei diesem Öl lediglich um ein  Fisch-Konservierungsmittel handele, das der Durchschnittsverbraucher typischerweise gerade nicht zu verzehren beabsichtige.