Rechtsnorm: § 12 S. 1 Alt. 2 BGB

Mit Beschluss vom 15.02.2012 (Az. 4 L 156/11) hat das OVG Magdeburg entschieden, dass zwischen den Ortsbezeichnungen „Oberharz am Brocken“ und  „Oberharz“ keine Verwechslungsgefahr im Sinne einer Zuordnungsverwirrung vorliegt und somit die Verwendung des Namens „Oberharz am Brocken“ für eine zum 1. Januar 2010 Einheitsgemeinde in Sachsen-Anhalt gegenüber dem Namen „Oberharz“ einer seit 1972 bestehenden Samtgemeinde in Niedersachsen keine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 S. 1 Alt. 2 BGB darstellt. Das Markenrecht ist nicht anwendbar.

Zum Sachverhalt:

Seit ihrer Gründung am 01.01.2010 verwendet eine in Sachsen-Anhalt gelegene Einheitsgemeinde den Namen „Oberharz am Brocken“. Eine niedersächsische Samtgemeinde verwendet  bereits seit 1972 den Namen „Oberharz“ und macht gegenüber der jüngeren sachsen-anhaltinischen Gemeinde eine unberechtigte Namensanmaßung geltend und beabsichtigt die gerichtliche Untersagung der weiteren Verwendung des Namens.

Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht wies die Klage ab, da eine Verwechslungsgefahr im Sinne einer Zuordnungsverwirrung nicht vorliege.

Im Berufungsverfahren bestätigte nun das OVG Magdeburg die erstinstanzliche Entscheidung.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Die von der Klägerin dagegen erhobenen Einwendungen sind nach dem im Berufungszulassungsverfahren anwendbaren Maßstab (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 20. Dezember 2010 – 1 BvR 2011/10 -, zit. nach JURIS m. w. N.) nicht durchgreifend.  (…) Die Worte „am Brocken“ in dem Namen der Beklagten sind entgegen der Ansicht der Klägerin keine rein geographische Angabe bzw. eine bloße topographische Verdeutlichung (vgl. dazu Blum u. a., Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, § 13 NGO Rdnr. 5, 81), sondern Teil des offiziellen Namens. Auch kann offen bleiben, ob es sich dabei in geographischer Hinsicht um eine fehlerhafte Bezeichnung handelt. Sie bleibt jedenfalls wegen der unbestreitbar räumlichen Nähe der Beklagten zum „Brocken“ namensrechtlich ohne Auswirkungen. Entsprechendes gilt für die Überlegung, ob die Beklagte im Oberharz liegt. Schließlich sind die Worte „am Brocken“ nicht deshalb bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr wegzulassen, weil es möglicherweise im allgemeinen Sprachgebrauch zu einer entsprechenden Verkürzung kommen könnte. Die Klägerin hat dazu in ihrer Begründung – abgesehen von einem Verweis auf eine Internetseite bzw. das „Internet“ an sich und einzelne Presseartikel – schon keine konkreten Belege genannt. Jedenfalls aber kommt es im Rahmen des Namensschutzes zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur auf den von ihnen offiziell geführten Namen an. Ein Vergleich der „Verletzungsform“ mit dem geschützten Namen ist daher gerade nicht vorzunehmen. Dass die Zusätze „Samtgemeinde“ und „Stadt“ nicht Bestandteil des jeweiligen Namens sind, ändert nichts daran, dass allein aufgrund der Größe der Beteiligten nicht zu erwarten ist, dass ihre Namen ohne diese Zusätze gebraucht werden. Selbst wenn diese Zusätze nach Ansicht der Klägerin nur „rein beschreibend“ wirken, unterstützen sie doch in erheblicher Weise die Unterscheidbarkeit der Beteiligten. Soweit die Klägerin auf die „vorgetragenen zahlreichen Verwechslungsfälle“ bzw. eine „erkleckliche Anzahl“ von Verwechslungen in der Vergangenheit abhebt, hat sie lediglich ein Schreiben des Amtsgerichts Osterode am Harz vom 11. Juli 2011 vorgelegt. Dies stellt ersichtlich kein hinreichendes Indiz für eine Verwechslungsgefahr dar. (…) Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass Betroffene aus der Bezeichnung der in Sachsen-Anhalt gelegenen Stadt „Oberharz am Brocken“ darauf schließen, es handele sich dabei um eine Mitgliedsgemeinde der in Niedersachsen gelegenen Samtgemeinde „Oberharz“, sind weiterhin weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt eine Verwechslungsgefahr nicht schon zwangsläufig dann vor, wenn die Namen „in einem eigentlich aussagekräftigen“ bzw. „im kennzeichnungskräftigen und prägenden“ Bestandteil übereinstimmen. Dies ergibt sich auch nicht aus der von ihr zitierten Rechtsprechung, die entweder nicht übertragbar ist (BGH, Urt. v. 28. Januar 1981 – IVb ZR 581/80 -, BGHZ 79, 265, 273 f.: Namensgleichheit zweier Parteien) oder in der ausdrücklich geprüft wird, ob trotz einer solchen Übereinstimmung hinreichend deutlich unterscheidende Bestandteile der Namen vorliegen oder aus anderen Gründen eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann (BGH, Urt. v. 2. Februar 1989 – I ZR 183/86 -, NJW-RR 1989, 808 und Urt. v. 14. Juli 1957 – I ZR 94/55 -, BGHZ 24, 238, 245). Auch die von ihr in Anspruch genommene erhöhte Kennzeichnungskraft „nach nunmehr 39 Jahren Verkehrsgeltung“ und die Überlegung, dass Übereinstimmungen namensmäßig eher wahrgenommen werden als Unterschiede, sind angesichts der oben dargelegten, gegen eine Verwechslungsgefahr sprechenden Umstände nicht ausreichend. Die allgemeinen Darlegungen der Klägerin zu der Einordnung der Bezeichnung „Oberharz“ in geographischer und geologischer Hinsicht und zu dem Gebrauch der Bezeichnung in dem Gebiet der ehemaligen DDR spielen danach von vornherein keine Rolle.

Auch die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung zu Kennzeichen nach dem Markengesetz ist vorliegend nicht übertragbar. Kennzeichen i. S. d. § 1 MarkG dienen der Unterscheidung einer unternehmerischen Leistung des Inhabers des Kennzeichens von Leistungen anderer Unternehmer; sie gehören damit zu den gewerblichen Schutzrechten (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. A., Einf. Rdnr. 6; Fezer, Markenrecht, 4. A., Einf. Rdnr. 3). Der Namensschutz juristischer Personen des öffentlichen Rechts untereinander, hier eines Gemeindeverbandes gegenüber einer Gemeinde, unterscheidet sich deshalb von dem Markenschutz im geschäftlichen Verkehr. Ob im Markenrecht Verwechslungsgefahr besteht, wenn „die verschiedenen Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil übereinstimmen“, ein Erfahrungssatz besteht, dass „der Verkehr dazu neigt, Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen“ und „eine reine geographische Herkunftsangabe den Gesamteindruck“ nicht (mit) prägen kann, ist danach unerheblich.“