Rechtsnormen: § 1 Abs. 1, Abs. 4; § 3 AMPreisVO

Mit Beschlüssen vom 08.07.2011 (Az. 13 ME 94/11, 13 ME 95/11, 13 ME 111/11) hatte das OVG Lüneburg zu entscheiden, ob die Gewährung von Gutscheinen oder anderen Zugaben wie Bonus-„Taler“ durch Apotheken bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel einen Verstoß  gegen die Arzneimittelpreisbindung darstellt. Demnach ist die Gewährung geringwertiger Kleinigkeiten wie Bonus-„Taler“ im Wert von etwa 0,50 Euro pro Stück zulässig. Die Gewährung eines Einkaufsgutscheines im Wert von 1,50 bis 3 Euro ist demgegenüber unzulässig.

Zum Sachverhalt:

In den zu entscheidenden Fällen ging es um die Zulässigkeit unterschiedlicher Bonusmodelle für rezeptpflichtige Arzneimittel. Zwei Versandapotheken boten pro eingereichtem Rezept Gutscheine iHv 1,50 Euro bzw. 3 Euro für Arzneimittel aus dem nicht-preisgebundenen Sortiment für die nächste Bestellung an. Eine Präsenzapotheke gab demgegenüber „Taler“ ohne einen aufgedruckten Wert aus; diese konnten angesammelt und später gegen Aushändigung einer Prämie eingereicht werden.  Beide Bonusmodelle wurden von der Apothekerkammer wegen eines Verstoßes gegen die Arzneimittelpreisbindung untersagt.

Nun bestätigte das OVG Lüneburg die Untersagung hinsichtlich der von den Versandapotheken praktizierten Gutscheinsysteme.  Allerdings verstoße das Bonus-„Taler“-Modell der Präsenzapotheke nicht derart gegen das Arzneimittelpreisbindungsgesetz, dass die Eingriffsschwelle für die Aufsichtsbehörde bereits überschritten sei.

Das Gericht führt in seiner Pressemitteilung vom 14.07.2011 zu den Gründen aus:

„Das Oberverwaltungsgericht hat indessen in Anknüpfung an die auf entsprechende Unterlassungsklagen von Konkurrenten und der Wettbewerbszentrale ergangene Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 09.09.2010 – I ZR 193/07, I ZR 37/08, I ZR 98/08, I ZR 125/08, I ZR 26/09) in Rechnung gestellt, dass nach dem Heilmittelwerberecht zwar einerseits Barrabatte bei preisgebundenen Arzneimitteln ausnahmslos untersagt seien, die Gewährung von „geringwertigen Kleinigkeiten“ aber zulässig sei. Dies müsste die Apothekerkammer in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde bei der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigen. Die Gutscheine über 1,50 Euro bzw. 3 Euro stellten zwar keine (von vornherein unzulässigen) Barrabatte dar, sie kämen aber solchen sehr nahe und dürften deshalb und aufgrund ihres verhältnismäßig hohen Wertes untersagt werden. Bei den „Talern“ ohne aufgedruckten Euro-Betrag, deren Wert bei etwa 50 Cent liege, sei die Eingriffsschwelle für die Aufsichtsbehörde noch nicht überschritten, weil es sich um eine nach den Wertungen des Heilmittelwerberechts zulässige Gewährung von „geringwertigen Kleinigkeiten“ handele.“

Kommentar:

Zum angesprochenen BGH-Urteil „Unser Dankeschön für Sie“ habe ich im September 2010 einen Beitrag veröffentlicht. Dieser ist hier abrufbar.