Rechtsnormen: §§ 242, 611 BGB

Mit Urteil vom 15.09.2011 (Az. 16 U 140/10) hat das OLG Schleswig entschieden, dass der Nutzer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware dann nicht zur Zahlung der Internetnutzungskosten verpflichtet ist, wenn die Navigationssoftware bei der Installation automatisch eine kostenpflichtige Kartenaktualisierung startet und ein ausdrücklicher Hinweis des Mobilfunkanbieters auf die Kostenfolge beim Kauf fehlte.

Zum Sachverhalt:

Es klagte ein Mobilfunkunternehmen gegen einen Verbraucher, mit dem es einen Mobilfunkdienstleistungsvertrag abgeschlossen hatte, der auch die Nutzung des Internets umfasste. Die Internetnutzungsgebühren richteten sich laut Vertrag nach der abgerufenen Datenmenge und dem Zeitumfang der Nutzung. Nur bei sehr geringer Internetnutzung war die gewählte Preisoption für den Kunden sinnvoll.

Die Klägerin stellte ihrem Kunden nun für einen Zeitraum von lediglich 20 Tagen Kosten für die Internetnutzung iHv EUR 11.498,05 Euro in Rechnung. Zuvor hatte der Kunde vom Mobilfunkanbieter im Wege einer Vertragsverlängerung günstig gegen Zuzahlung ein neues Mobiltelefon erworben, das entsprechend der Werbung des Mobilfunkanbieters auch eine Navigationssoftware umfasste. Nach Installation der Navigationssoftware auf dem neuen Mobiltelefon startete diese automatisch wiederholt eine Aktualisierung des vorhandenen Kartenmaterials über das Internet; diese Aktualisierung dauerte mehrere Stunden.

Das OLG Schleswig wies die eingeklagte Zahlungsforderung des Unternehmens nun ab.

Nach Ansicht der Schleswiger Richter stelle das Verhalten des Mobilfunkanbieters einen Verstoß gegen vertragliche Pflichten dar. Entsprechend § 242 BGB („Treu und Glauben“) stehe dem Unternehmen der geforderte Betrag daher nicht zu. Durch den Verkauf des neuen Handys, ohne hierbei auf die Kostenfalle durch die wiederholte eigenständige Kartenaktualisierung hinzuweisen, habe der Mobilfunkanbieter gegen die vertragliche Nebenpflicht beider Vertragspartner, für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen, und die Fürsorgepflicht, möglichst Schäden von der anderen Seite abzuwenden, verstoßen.

Weiter führt das Gericht aus:

„Der Käufer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware gehe davon aus, dass diese auf aktuellem Stand sei. Müsse er sich im Laufe der Installation entscheiden, ob er eine Kartenaktualisierung in Gang setzen wolle, so werde und dürfe er denken, dass er nur so und ohne weitere Kosten an die ihm nach dem Kaufvertrag zustehende aktuelle Software gelangen könne. Auf Abweichendes müsste der Verkäufer ausdrücklich hinweisen, was hier nicht geschehen sei.“

Im Ergebnis muss der Beklagte nun lediglich EUR 35,93 für die Inanspruchnahme weiterer Mobilfunkleistungen (u.a. mobiles Internet) zahlen.

Kommentar:

In einem ähnlichen Verfahren entschied zuletzt auch das LG Berlin, dass ein Verbraucher eine Mobilfunkrechnung iHv 14.727,65 Euro nicht bezahlen muss. In diesem Fall wählte der Mobilfunk-Kunde einen Prepaid-Tarif, den das Mobilfunk-Unternehmen im Internet mit dem Hinweis „Einfach abtelefonieren, erhöhte Kostenkontrolle, automatische Aufladung möglich“ bewarb. Der Kunde wählte die Option „Webshop-Aufladung 10“ aus, also eine Aufladung um 10 Euro. Dennoch entstanden Kosten iHv der Forderungssumme. Das Gericht setzte den rechtmäßigen Anspruch des Mobilfunkanbieters auf lediglich den Wert einer Aufladung iHv 10 Euro fest.