Rechtsnorm: § 56 Abs. 1 Nr. 2a GewO

Mit Urteil vom 24.04.2012 (Az. 6 U 6/11) hat das OLG Schleswig entschieden, dass Ankaufaktionen von Edelmetallen wie Gold, Goldankaufaktionen, die in zeitlichen Abständen in einem Bäckereicafe durchgeführt und mittels Zeitungsinseraten und Plakaten beworben werden, eine unzulässige Ausübung eines Reisegewerbes darstellen können.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger ist Schmuckhändler und kauft auch Gold an. Außerhalb seines Ladenlokals führt er Gold-Ankaufaktionen durch, u.a. in einem Bäckereicafe. Diese Aktionen kündigt er durch Plakate und Zeitungsinserate vorher an. Die Beklagte, die Wettbewerberin im Goldankaufgewerbe ist, erkennt in den Aktionen des Klägers außerhalb seines Geschäftslokals Verstöße gegen geltendes Wettbewerbsrecht und mahnte den Kläger ab.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass der Beklagten kein Unterlassungsanspruch zusteht. Er führt aus, er handele nicht wettbewerbswidrig, da er kein Reisegewerbe betreibe.

Das Oberlandesgericht Schleswig erkannte nun jedoch eine Berechtigung des Anspruches der Beklagten: Nach Ansicht der Richter sind die von der Beklagten beanstandeten Goldankaufaktionen wettbewerbswidrig und somit zu unterlassen. Gemäß der Gewerbeordnung sei der Ankauf von Edelmetallen wie Gold im Reisegewerbe untersagt (§ 56 Abs. 1 Nr. 2a GewO).

Das Gericht führt zu Begründung in seiner Pressemitteilung vom 03.05.2012 aus:

Der Kläger kaufe gewerbsmäßig und zwar ohne vorhergehende Bestellung und außerhalb seiner gewöhnlichen Niederlassung Waren an und übe damit ein Reisegewerbe aus. Weil die Initiative zum Ansprechen des Kunden von dem Gewerbetreibenden ausgeht, erfolge der Ankauf „ohne vorherige Bestellung“. Die Initiative zu den Verkaufsverhandlungen sei dem Unternehmer zuzuschreiben, der durch Ankündigungen in der Presse und durch Aushänge auf sich aufmerksam gemacht hat. Zwar mag es Fälle geben, in denen Kunden auf Grund von Bekanntmachungen die Ankaufsaktionen des Klägers gezielt aufsuchen und daher eine konkrete „Überrumpelungsgefahr“ nicht entsteht. Jedenfalls die (anderen) Kunden, die zufällig in der Bäckerei auf die Ankaufsstelle des Klägers treffen und in Vertragsverhandlungen eintreten, laufen Gefahr, überrumpelt zu werden. Neben dem „Überrumpelungsschutz“ verfolge das Reisegewerberecht auch das Ziel der Überwachung des Gewerbetreibenden. Es soll eine „Anbieterflüchtigkeit“ verhindert werden. Im Interesse der Kunden sei deshalb bei bestimmten Gewerbezweigen, wie dem Handel mit Gold, die Tätigkeit im Reisegewerbe verboten. Diese besonderen Gewerbe sollen zum Schutz vor unzuverlässigen Anbietern nur von einer Niederlassung aus betrieben werden, damit eine behördliche Kontrolle jederzeit möglich ist und der Kunde bei Bedarf auf den Unternehmer gegebenenfalls zur Rückabwicklung des Vertrages oder aus sonstigen Gründen zugreifen kann. Im vorliegenden Fall habe der Kläger an den Standorten keine feste Geschäftseinrichtung und damit keine Niederlassung. Es sei nicht sicher vorhersehbar, ob überhaupt und wann er in dem Bäckereicafe wieder anwesend sein wird.“

Kommentar:

Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob es sich um die Ausübung eines Reisegewerbes handelt, ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts insbesondere, ob die Initiative zum Ansprechen des Kunden vom Anbieter ausgeht und gerade keine vorherige Bestellung erfolgte. In einem solchen Fall greift der „Überrumpelungsschutz“ des Gewerberechts, der zu einer Wettbewerbswidrigkeit des Angebots des Klägers führt.