Das OLG Rostock hat mit Urteil vom 28.03.2012 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden, dass die Vorschrift des § 7 Satz 2 ElektroG („durchgestrichene Mülltonne“) keine marktverhaltensregelnde Vorschrift darstellt. Daher könne deren Nichtbeachtung keinen Wettbewerbsverstoß und damit auch keinen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG begründen.

Die Kennzeichnungspflicht aus § 7 Satz 2 ElektroG dient nur der Information des Verbrauchers darüber, dass die bezeichneten Elektrogeräte nicht als unsortierter Hausmülle entsorgt werden dürfen, sondern getrennt entsorgt werden müssen. Die Vorschrift dient damit alleine dem Umweltschutz, ohne dass die Interessen anderer Marktteilnehmer berührt werden.

Hinzu kam, dass in dem Streitfall die LED auch keine Herstellerangabe auf der LED-Lampe selbst trugen („Marke“). Die Besonderheit des Falls bestand darin, dass der angebliche Verstoß nicht von dem eigentlichen Hersteller begangen wurde, sondern von einem nachgeordneten Händler, der das Produkt seinerseits vom Hersteller bezogen hatte. Entscheidend ist also, ob auch dieser (Wieder-) Verkäufer für die fehlende Herstellerangabe auf der Lampe haftet. Dies verneint das OLG Rostock:

Die Verfügungsbeklagte hat die LED-Lampe zwar im Internet unter ihrer allgemeinen, eingetragenen „…“ verkauft. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Marke im Sinne des § 3 Abs. 11 ElektroG. Hersteller im Sinne von § 3 Abs. 11 Nr. 2 ist nur, wer sich anhand seines eigenen, auf dem Gerät befindlichen Markennamens feststellen lässt. Auf dem verkauften Gerät befindet sich der Markenname der Verfügungsbeklagten nicht.

Das Gericht beschäftigte sich dann noch damit, ob eine erweiternde Auslegung des § 3 Abs. 11 Nr. 2 ElektroG in Frage kommt. Dies wird jedoch verneint:

Die Marke im Sinne des ElektroG dient der Identifikation des tatsächlichen Herstellers. Hierzu ist die von der Verfügungsbeklagten genutzte allgemeine Verkaufsmarke nicht geeignet. Der Gesetzgeber wollte die Herstellerpflichten des ElektroG grundsätzlich dem echten Hersteller auferlegen und den Weiterverkäufer in § 3 Abs. 11 nur dann in Anspruch nehmen, wenn dieser sich selbst durch Verwendung seiner Marke auf dem Produkt als Produktverantwortlicher erkennbar macht. § 3 Abs. 11 ElektroG hat (anders als Abs. 12) nicht zum Ziel, einen Vertreiber aufgrund von pflichtwidrig unterlassenen Angaben in die Haftung zu nehmen.

Im Folgenden beschäftigt sich das Gericht dann noch mit der Frage, ob eine Haftung auf § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG in Betracht kommt. Das ist dann der Fall, wenn der Vertreiber schuldhaft Elektrogeräte eines nicht registrierten Herstellers zum Verkauf angeboten hat. Dieser Auslegung erteilt das OLG Rosteck eine Absage:

Eine erweiterte Auslegung der Vorschrift, nach der ein Vertreiber auch dann Hersteller sei, wenn er schuldhaft Geräte weiterverkauft, die er zwar von registrierten Herstellern bezogen hat, die aber nicht die nach § 7 Satz 1 ElektroG erforderlichen Herstellerangaben tragen, ist nicht geboten. Dem Wortlaut von § 3 Abs. 12 ElektroG ist eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber dem Vertreiber von Elektroartikeln, der die Geräte nicht gemäß § 3 Abs. 11 Nr. 2 ElektroG mit einem eigenen Markennamen versieht, nur dann in Anspruch nehmen will, wenn er unter den in § 3 Abs. 12 geregelten qualifizierten Voraussetzungen schuldhaft dazu beiträgt, dass Geräte nicht registrierter Hersteller weiter verbreitet werden. Dies ist bei der Verfügungsbeklagten aber nicht der Fall, weil der Händler, von dem sie die Lampe gekauft hat, als Hersteller im …. registriert ist.

Kommentar:

Abmahnungen wegen angeblich nicht korrekt gekennzeichneter LED-Lampen greifen immer mehr um sich. So mahnt z.B. die Firma Lightcycle ab. Nachdem das LG Hamburg in einer Entscheidung LED-Lampen als nicht unter das ElektroG fallend angesehen hat, kommt durch die Entscheidung des OLG Rostock eine weitere Facette hinzu. Nach dessen Urteil kann das Fehlen des Symbols der durchgestrichenen Abfalltonne keinen Wettbewerbsverstoß begründen, da die entsprechende gesetzliche Regelung keine Marktverhaltensvorschrift darstellt.

Weiterer wichtiger Gesichtspunkt der Entscheidung des OLG Rostock:

Auch für fehlende Herstellerangaben auf der Lampe selbst haftet nur der Hersteller, nicht jedoch der in der Handelskette tiefer stehende einzelne Händler. Abgemahnte können daher auf diese Entscheidung des OLG Rostock verweisen. Es handelt sich zwar nur um ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Da es aber um Rechtsfragen geht, wird das OLG Rostock im Zweifel auch nicht im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens anders entscheiden. Allerdings bliebe dann dem Abmahner noch die Möglichkeit, die Sache vom BGH im Wege einer Revision überprüfen zu lassen. Natürlich kann es auch sein, dass andere Oberlandesgericht die selben Rechtsfragen anders entscheiden, solange der BGH hierzu noch nicht abschließend Stellung bezogen hat. Abgemahnte sollten sich daher vor Abgabe einer Unterlassungserklärung anwaltlich beraten lassen, um die für sie passende Strategie zu prüfen.

Die Anwaltskanzlei Dr. Graf vertritt Betroffene, die derartige Abmahnungen erhalten haben.