Rechtsnormen: §§ 23, 27, 263 Abs. 1 StGB

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 20.08.2010 (Az. 1 Ws 371/10) entschieden:

In automatisiert durchgeführten, nach Herstellung der Verbindung sogleich wieder abgebrochenen Telefonanrufen (sogenannte Ping-Anrufe), die nur dazu dienen, die Angerufenen zu einem kostenpflichtigen Rückruf zu veranlassen, liegt eine betrugsrelevante Täuschung der Angerufenen.

(Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:Die Angeschuldigten besorgten sich Ende 2006 von einem Netzbetreiber 0137er-Nummern und klingelten mittels sogenannter „Ping-Anrufe“ in der Weihnachtszeit 2006 mehrere hunderttausend andere Mobiltelefone an. Den Angerufenen erschien die kostenintensive 0137er-Nummer im Display. Allerdings war die genaue Telefonnummer nur schwerlich erkennbar, da die Deutschlandkennung (49) der Nummer vorangestellt war und im Übrigen die erste Null weggelassen wurde. Infolge dieser Anrufe riefen insgesamt 786.850 Telefonnutzer zurück. Diese Anrufe führten lediglich zu der kostenpflichtigen Bandansage „Ihr Abruf wurde gezählt.“. Bei jedem einzelnen Rückruf wurden Kosten iHv 98 Cent geltend gemacht.

Zunächst ließ das Landgericht Osnabrück die auf Betrug gestützte Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zu, da ein derartiger Ping-Anruf keine Vorspiegelung falscher Tatsachen sei.

Auf die staatsanwaltliche Beschwerde ließ das OLG Oldenburg nun die Anklage mit vorliegendem Beschluss zur Hauptverhandlung zu.

Nach Ansicht der OLG wurden die Angerufenen betrügerisch getäuscht. Die angerufenen Teilnehmer hätten nur im Vertrauen auf ein Kommunikationsinteresse der Gegenseite die angezeigte Nummer zurückgerufen. Einziger Sinn und Zweck der Anrufe sei die Verschaffung eines Vermögensvorteils der Angeschuldigten gewesen.

Das Gericht führt näher aus:

„Durch die Täuschung sollten die jeweiligen Inhaber der Mobilfunkanschlüsse zu einem entsprechenden Irrtum und auf Grund dessen zu einer schädigenden Vermögensverfügung veranlasst werden. Denn der von den Angeschuldigten beabsichtigte Rückruf über die 0137-er Nummern hätte (ohne Berücksichtigung der Entgelte des eigenen Mobilfunkbetreibers) jedenfalls Kosten in Höhe von 0,98 € verursacht. Dass diesem Vermögensabfluss durch die dadurch bewirkte automatische Ansage „Ihr Anruf wurde gezählt“ ein gleichwertiges Äquivalent nicht gegenüberstand, liegt auf der Hand. Da nach der Vorstellung der Angeschuldigten ihnen eben der von den Anrufern zu zahlende Betrag abzüglich der Entgelte der jeweiligen Netzbetreiber zufließen sollte, ist der durch sie erstrebte Vorteil auch unmittelbare Folge der Vermögensverfügung und damit insoweit stoffgleich. Dem steht nicht entgegen, dass – auch nach der Vorstellung der Angeschuldigten – möglicherweise einzelne Angerufene die Täuschung durchschauen und – etwa aus Neugier – gleichwohl den kostenpflichtigen sinnlosen Rückruf tätigen würden.

Im Hinblick darauf, dass die Angeschuldigten davon ausgingen, dass jedenfalls der Großteil der angerufenen Teilnehmer im Vertrauen auf ein ernsthaftes Kommunikationsinteresse die angezeigte Rufnummer wählen und die damit für sie verbundenen Kosten veranlassen würden, liegt der durch die Angeschuldigten erstrebte Vermögensvorteil mindestens im fünfstelligen Eurobereich und wird gegebenenfalls durch die Strafkammer zu schätzen sein.“

Kommentar:

Im vorliegenden Fall schaltete die Bundesnetzagentur bereits sechs Tage nach den ersten Ping-Anrufen die kostenpflichtige Nummer ab und untersagte es den Netzbetreibern, die Gebühren von den Telefonkunden einzuziehen. Daher bezieht sich die vorliegende Anklage lediglich auf den Tatvorwurf des versuchten Betruges.

Vgl. hierzu auch Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 31.08.2010