Rechtsnormen: §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 S. 1, 23 Nr. 2 MarkenG

Mit Urteil vom 15.03.2011 (Az. 3 U 1644/10) hat das OLG Nürnberg entschieden:

Ein Freihaltebedürfnis gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG besteht jedenfalls nicht, wenn das Zeichen die drucktechnische Aufmachung der Verpackung eines Artikels wiedergibt. (Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten um markenrechtliche Ansprüche. Die Klägerin ist Inhaberin der beiden für alkoholfreie und alkoholische Heißgetränke eingetragenen, gleichlautenden deutschen Wortmarken „Schneeflöckchen“. Sie macht gegenüber der Beklagten Verletzungsansprüche geltend, da diese einen „Schneeflöckchen-Tee“ als Geschenkartikel angeboten hatte. Auf der Tee-Verpackung befinden sich die Bezeichnung „Schneeflöckchen-Tee“; zudem sind die Worte „Schneeflocken sind kleine Geschenke des Himmels…“ notiert. Im Übrigen weist die Verpackung einen himmelblauen Hintergrund mit herabfallenden Schneeflocken auf. Die Beklagte verteidigte ihr Produkt damit, die Bezeichnung „Schneeflöckchen-Tee“ beschreibe lediglich ein Ausstattungsmerkmal der Produktaufmachung. Eine Untersagung sei nach § 23 Nr. 2 MarkenG unangemessen und unzulässig.

Nachdem das erstinstanzliche Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt hatte, bestätigte nun die Berufungsinstanz diese Entscheidung. Das OLG Nürnberg erklärt, die Beklagte könne sich nicht auf eine privilegierte Benutzung gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG berufen, da die Regelung auf einer Abwägung der Interessen des Kennzeicheninhabers einerseits und der Interessen der Allgemeinheit andererseits beruhen.

Das Gericht führt aus:

Das vom Markengesetz grundsätzlich umfassend geschützte Interesse des Kennzeicheninhabers an einer möglichst weitgehenden Monopolisierung seines Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr muss zurücktreten, soweit die Benutzung bestimmter Arten von Angaben unmöglich würde, auf die andere Unternehmen angewiesen sind oder an denen zumindest im konkreten Verwendungsfall ein die Interessen des Kennzeicheninhabers überwiegendes Nutzungsinteresse Dritter anzuerkennen ist. Nur im Fall von Angaben, die sich nach der Verkehrsauffassung wirklich auf ein Produktmerkmal beziehen, kann das Freihaltebedürfnis Verletzungsansprüchen entgegenstehen, dagegen nicht generell als selbständige ungeschriebene Schranke. Vorliegend handelt es sich, auch wenn die Aufmachung als Geschenkartikel ebenso wie der in der Verpackung befindliche Tee dem Verbraucher als Kaufmotivation dienen sollen, jedenfalls um einen Tee. Die Bezeichnung mit „Schneeflöckchen“ bezeichnet damit nicht Merkmale oder Eigenschaften der Ware selbst. Auch die Verpackung als solche wird nicht beschrieben (vgl. BGH GRUR 1999, 992 – BIG PACK). Die reine Beschreibung der Verpackungsaufmachung mit angedeuteten Schneeflocken begründet ein Freihaltebedürfnis jedoch nicht. Denn dies würde dazu führen, dass – unabhängig von den Gepflogenheiten der Geschenkartikelbranche – die gestalterische Aufmachung einer Verpackung jeweils zu einem Freihaltebedürfnis führen würde. Es stünde somit im Belieben des Verwenders durch die drucktechnische Gestaltung einer Verpackung für sich ein Freihaltebedürfnis zu schaffen. § 23 Nr. 2 MarkenG bezieht sich somit jedenfalls nicht auf eine drucktechnische Ausgestaltung einer Verpackung für Waren. Es ist auch nicht ersichtlich, warum hier für die Geschenkartikelindustrie eine Ausnahme bestehen sollte.

Kommentar:

Vorliegend bestätigen die Nürnberger Richter den Grundsatz, dass die Anwendbarkeit des § 23 Nr. 2 MarkenG auf Produktmerkmalsbeschreibungen beschränkt ist. Das Gericht stellt fest, dass die genannte Norm gerade dann nicht einschlägig ist, wenn das Kennzeichen ohne einen Bezug zum eigentlichen Produkt lediglich die drucktechnische Aufmachung der Verpackung wiedergibt. Ein Freihaltebedürfnis wird dann jedenfalls nicht begründet.