Rechtsnormen: §§ 3 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG; § 4 Nr. 9 UWG

Mit Urteil vom 30.03.2012 (Az. 6 U 159/11) hat das OLG Köln entschieden, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen der Milka-Doppelpackung und der Verpackung der Marke „Ritter Sport“ besteht.

Zum Sachverhalt:

2010 brachte die Kraft Foods Deutschland GmbH als Inhaberin der Marke „Milka“ Schokoladentafeln auf den Markt, die in zwei 40-Gramm-Tafeln in einer Doppelverpackung zusammengepackt waren und sich durch eine Perforierung in der Mitte trennen ließen. Durch die Trennung entstanden zwei gleich große etwa quadratische Tafeln. Die Verpackungsfarbe war das gewohnte „Milka-lila“, zudem war eine „lila Kuh“ aufgedruckt.

Die Inhaberin der Marke „Ritter Sport“ sah sich wegen der quadratischen Form der einzelnen Tafeln allerdings in ihrem Kennzeichenrecht verletzt und nahm die Konkurrentin auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung bereits produzierter Tafeln in Anspruch.

Nachdem das erstinstanzliche Landgericht Köln (Az. 31 O 478/10) der Klage großteils stattgegeben hatte, wies die Berufungsinstanz die Klage nun ab.

Das OLG führt zur Entscheidungsbegründung aus, dass zwar der überwiegende Teil der angesprochenen Verkehrskreise (Verbraucher) eine quadratisch verpackte Schokoladentafel mit Seitenlaschen ohne zusätzliche Kennzeichnungen durch Aufschriften oder Bilder als eine solche der Marke „Ritter“ oder „Ritter Sport“ erkenne, jedoch keine Verwechslungsgefahr oder die Gefahr einer „Verwässerung“ der Klagemarke bestehe.

Das Gericht führt mit Pressemitteilung vom 03.04.2012 zur Begründung weiter aus:

„Der Gesamteindruck bei den beanstandeten Tafeln werde weniger durch die Form als vielmehr durch die Farbgestaltung und den Schriftzug „Milka“ bestimmt, so dass die Tafeln vom durchschnittlichen Verbraucher eindeutig der Marke der Beklagten zugeordnet würden. Auch durch die Aufschriften auf den beiden Hälften („Für Jetzt“/“Für Später“; „Für Mich“/“Für Dich“; „1. Halbzeit“/“2. Halbzeit“) werde signalisiert, dass es sich um zwei Hälften einer Doppelpackung handele. Die quadratische Grundform der Packungshälften trete demgegenüber so zurück, dass sie nicht mehr prägend sei. Auch eine Verbraucherumfrage habe ergeben, dass nur ein zu vernachlässigender Anteil der Konsumenten die Milka-Doppelpackung mit der Marke „Ritter Sport“ in Verbindung bringe.“

Auszug aus dem Urteilswortlaut:

„Die Bekanntheit der Klagemarke allein rechtfertigt indessen noch keinen erhöhten Schutz gegenüber nicht identischen oder verwechslungsfähigen Produktaufmachungen eines die gleichen Waren anbietenden Mitbewerbers. Im Streitfall vermag der Senat nach dem Vorbringen der Klägerin einschließlich der mit Schriftsatz vom 08.03.2012 nunmehr vorgelegten weiteren Verkehrsumfrage nicht festzustellen, dass die angegriffenen Produktaufmachungen der Beklagten eine hinreichende Ähnlichkeit mit der Klagemarke aufweisen, um eine für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG genügende gedankliche Verknüpfung zwischen ihnen annehmen zu können. Selbst wenn diese Voraussetzung als gegeben unterstellt wird, fehlt es jedenfalls an den weiteren Voraussetzungen des – vom Landgericht nach den Umständen des Streitfalles zu Recht allein in Betracht gezogenen – Verletzungstatbestandes einer auch als „Verwässerung“ oder „Schwächung“ bezeichneten Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Klagemarke.

Im Streitfall fällt – soweit es darauf noch ankommt – ins Gewicht, dass die geometrische Grundform des Quadrats und erst recht die eines aus zwei Quadraten zusammengesetzten Rechtecks für sich genommen nicht als Marke für Tafelschokolade geschützt ist. Vor diesem Hintergrund verstößt auch der mit den angegriffenen Produktverpackungen umgesetzte Gedanke, eine rechteckige Schokoladentafel in einer Aufmachung zu präsentieren, die zwei 40-g-Tafeln unter einem verbindenden Gedanken (Zeiteinteilung, Paarbeziehung, Dauer eines Fußballspiels) zu einer Doppelpackung mit gleichen Außenmaßen wie eine herkömmliche 100-g-Schokoladentafel zusammenfasst, nicht von vornherein gegen anständige Gepflogenheiten, selbst wenn es neben den streitbefangenen Aufmachungen weitere Angebote der Beklagten geben mag, die eine planvolle Annäherung an (fast) quadratische Schlauchverpackungs-Formen nahezulegen scheinen.

3. Soweit das Landgericht – von seinem Standpunkt aus zu Recht – auf die von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG in Verbindung mit ihrer eingetragenen Marke Nr. 3986997 sowie einer angeblich zu ihren Gunsten bestehenden Marke kraft Verkehrsgeltung an nicht näher definierten quadratischen Schokoladenverpackungen jeder Größe nicht weiter eingegangen ist, so dass sie ohne Anschlussberufung der Prüfung im Berufungsrechtszug unterliegen (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 220), bleibt die Klage ebenfalls ohne Erfolg.

Aus den vorstehenden Ausführungen erhellt, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den angegriffenen Aufmachungen und den hilfsweise geltend gemachten Marken mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit erst recht ausscheidet (vgl. insbesondere oben zu Nr. 2 lit. c aa [2]) und eine Verwässerung dieser Marken – ihre Bekanntheit und im Falle der Benutzungmarke bereits ihr Bestehen unterstellt – aus denselben Gründen ausscheiden muss wie die Verwässerung der bekannten Klagemarke Nr. 2913183.

4. Für den von der Klägerin äußerst hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 4 Nr. 9 UWG gilt im Ergebnis nichts anderes. Ihr Vorbringen lässt schon nicht hinreichend genau erkennen, aus welchen konkreten wettbewerblich eigenartigen Produktaufmachungen sie den Anspruch herleiten will. Jedenfalls fehlt es aber an einer wettbewerbsrechtlich relevanten Nachahmung durch die Beklagte. Soweit diese überhaupt Merkmale der klägerischen Produktausstattung übernommen hat, kann unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart der Klägerprodukte, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme und den möglicherweise die Wettbewerbswidrigkeit begründenden besonderen Umständen (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2012, 58 [Rn. 42] – Seilzirkus) weder eine vermeidbare Herkunftstäuschung noch eine unangemessene Rufbeeinträchtigung oder Rufausbeutung festgestellt werden. Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte der geringen Ähnlichkeit und fehlenden Verwechslungsgefahr zwischen den angegriffenen Ausstat­tungen und der Form der Klägerprodukte sind auf die vollständigen Aufmachungen der Klägerprodukte, soweit sie Gegenstand des Vorbringens der Parteien gewesen sind, im Wesentlichen übertragbar. Ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch liegt danach fern.

5. Mangels Verwirklichung eines marken- oder wettbewerbsrechtlichen Schutztatbestandes entfallen ebenfalls die von der Klägerin geltend gemachten Annexansprüche.“

Kommentar:

Eine Revision zum BGH ließ das OLG nicht zu. Der Klägerin verbleibt daher nun lediglich die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde.