Rechtsnormen: §§ 3, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG

Mit Urteil vom 01.10.2010 (Az. 6 U 71/10) hat das OLG Köln entschieden:

Außerhalb des Bereichs der bindend definierten geografischen Herkunftsangabe kommt es für die Irreführung über die geografische Herkunft eines Produktes allein auf die durch Produktbezeichnung und -aufmachung (bzw. Werbung) erweckte Erwartung des Verkehrs an. Eine geografische Herkunftsangabe kann danach auch dann irreführend sein, wenn die Region, aus der das Produkt stammt, nach objektiven Begriffen zu dem angegebenen Gebiet gehört.

(Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Es wurde ein Kaufhausunternehmen, das Steinsalz unter der Aufmachung „Himalaya-Salz“ anbot, das in der nordpakistanischen Provinz Punjab gewonnen wird, von einem Wettbewerbsverband verklagt. Das anhängende Etikett zeigt auf dessen Schauseite einen schneebedeckten Berggipfel. Dies beanstandete die Klägerin als irreführend. Demgegenüber wendet die Beklagte ein, eine sachlich zutreffende geografische Herkunftsbezeichnung benutzt zu haben. Nachdem das erstinstanzliche Landgericht die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten verurteilte, strebt sie mit ihrer Berufung  Klageabweisung an.

Das OLG Köln bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil und bejaht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 UWG. Nach Ansicht des Gerichts liege eine bindend definierte Herkunftsbezeichnung ersichtlich nicht vor. Maßgebend sei  vielmehr die durch Produktbezeichnung und Produktaufmachung geweckte Erwartung der angesprochenen Verbraucher. Hierbei handele es sich um eine vom Wettbewerbsgericht festzustellende Erfahrungstatsache.

Das Gericht führt aus:

Der aufmerksame Verbraucher, der nach Aufklappen des Faltetiketts erfährt, dass „Himalaya-Kristallsalz“ vor mehr als 250 Mio. Jahren durch die Austrocknung eines Urmeeres entstanden sei, wird zwar kaum annehmen, dass der Salzabbau in extremer, gefahrvoller Höhe über dem heutigen Meeresspiegel außerhalb jeder Zivilisation unter Schnee und Eis erfolge. Trotz seiner Gewöhnung an werbliche Übertreibungen wird er aber zumindest davon ausgehen, dass das Salz in einem Tal oder am Fuß des Hochgebirgsmassivs gewonnen wird. (…) Dagegen findet der Abbau des von der Beklagten angebotenen Steinsalzes unstreitig im Tagebau in einer vom Himalaya-Massiv durch eine dichtbesiedelte Ebene getrennten, rund 200 km entfernten Hügellandschaft statt. Damit rechnet auch kein besonders aufmerksamer Verbraucher, der den englischsprachigen Text auf dem Etikett entziffert, wo von Salzminen Alexanders des Großen in den Regionen Karakorum (mit dem zweithöchsten Berg der Erde) und Kaschmir (am Hindukusch) die Rede ist.

Daher habe das erstinstanzliche Landgericht zu Recht die in Rede stehende Verbrauchertäuschung als spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung angesehen, insbesondere da vorliegend für die Preisbildung bedeutsame Exklusivitätserwartungen geweckt werden.