Rechtsnormen: §§ 5, 3, Anhang zu § 3 Nr. 21 UWG;  § 2 PAngV

Mit Urteil vom 29.06.2012 (Az. 6 U 174/11) hat das OLG entschieden, dass ein Lebensmittelhändler bei einer Bewerbung mit einer „Gratis-Zugabe“ diese Zugabe bei der Errechnung des Grundpreises zu berücksichtigen hat. Verbrauchern könne nur so ein Preisvergleich sinnvoll ermöglicht werden.

Zum Sachverhalt:

Es klagte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. gegen eine bekannte Lebensmittel-Handelskette, die Anfang 2011 in zwei Zeitungsbeilagen Getränkekästen (12×1 Liter) der Marke Coca Cola bewarb. In der Werbung befand sich der Zusatz: „Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATIS“ bzw.: „2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens“. Der Liter-Grundpreis war in beiden Fällen mit „0,57“ angegeben worden. Dies entsprach dem Preis des Kastens geteilt durch 14 Liter; die beiden „GRATIS Flaschen“ wurden also mitgerechnet. Die Verbraucherzentrale erkannte hierin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Zudem betrachtete sie die Werbung als irreführend; daher nahm sie die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Die Klägerin argumentierte, bei der Errechnung des Grundpreises hätten nur die 12 Flaschen des Kastens, nicht aber die Zugaben eingerechnet werden dürfen, da diese als „GRATIS-Zugaben“ keinen Preis und somit auch keinen Grundpreis hätten. Somit sei als Liter-Grundpreis 0,67 statt 0,57 anzusetzen. Diese falsche Grundpreisangabe habe zur Folge, dass der Verbraucher durch die deutlich niedrigere Preisangabe irregeführt werde.

Das erstinstanzliche Landgericht Köln (Az. 84 O 91/11) folgte dieser Argumentation der Verbraucherzentrale; nun wies das OLG die Klage im Berufungsverfahren allerdings ab.

Nach Ansicht des Gerichts ist es Sinn und Zweck der Pflicht zur Angabe des Grundpreises, Verbrauchern eine leichte Vergleichbarkeit verschiedener Angebote mit unterschiedlichen Verpackungsgrößen zu ermöglichen. Dieser Zweck könne dem Verbraucher jedoch nur dann erfüllt werden, wenn er den Preis unter Einrechnung der Gratis-Zugabe kenne; schließlich werde auch er die Gratis-Zugabe in einen Preisvergleich einbeziehen.

Das Gericht führt aus:

„Der Kunde wird nämlich in den Preisvergleich trotz ihrer unentgeltlichen Abgabe auch die beiden „gratis“-Flaschen einbeziehen, weil sie für ihn denselben Gegenwert wie die zu bezahlenden Flaschen haben. Er erhält für den angegebenen Preis von 7.99 € nicht 12 Flaschen, sondern 14 und wird daher bei einem Preisvergleich mit anderen Angeboten auch nicht nur 12, sondern eben alle tatsächlich erhaltenen 14 Flaschen zugrundelegen. Demgegenüber würde die Grundpreisangabe das gesetzgeberische Ziel (nahezu) nicht erreichen, wenn von der Beklagten mit dem Kläger verlangt würde, der Berechnung lediglich 12 Flaschen zugrunde zu legen. Der sich dann ergebende höhere Betrag von 0,67 € wäre für einen realistischen und praktikablen Preisvergleich, der aus den vorstehenden Gründen die tatsächlich erhaltene Menge an Getränken berücksichtigen muss, fast untauglich. Der Kunde müsste, um einen brauchbaren Vergleich vornehmen zu können, seinerseits die beiden Flaschen in den Grundpreis aufwendig einrechnen, um die vom Gesetz erstrebte Vergleichsgrundlage zu haben. Das wäre mit dem gesetzlichen Ziel einer Vereinfachung der Vergleichbarkeit verschiedener Angebote nicht zu vereinbaren.

Angesichts dieser Umstände ist die Bestimmung des §§ 2 PAngV nach Auffassung des Senats dahin auszulegen, dass in der vorliegenden Fallgestaltung, in der zusätzlich zu den angebotenen 12 Flaschen zwei weitere Flaschen kostenlos abgegeben werden, der Grundpreis auf der Basis von 14 Flaschen zu berechnen ist.

Dieser Auffassung steht auch das Gebot richtlinienkonformer Auslegung nicht entgegen. Die Bestimmung des § 2 PAngV beruht auf Art. 3 Abs. 4 der Preisangabenrichtlinie 98/6/EG vom 16.02.1998. Danach ist „bei jeglicher Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse gemäß Art. 1 genannt wird, vorbehaltlich des Art. 5 auch der Preis je Maßeinheit anzugeben.“ Mit dem Sinn dieser Regelung steht die angegriffene Verfahrensweise der Beklagten aus den vorgenannten Gründen ebenfalls im Einklang.“

Kommentar:

Das Gericht ließ die Revision zum BGH auf ausdrücklichen Wunsch beider Parteien zu, da die Frage der Berechnung des Grundpreises bei Gratis-Zugaben noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung war. Es ist nun abzuwarten, ob die Entscheidung des OLG Köln auch vor dem BGH Bestand haben wird.