Rechtsnormen: § 11 LFGB; §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG

Mit Urteil vom 14.03.2012 (Az. 6 U 12/11) hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass ein Wasser-Getränk, das unter der Bezeichnung „Mango-Orangenblüte”-Wasser beworben wird, auch Orangenblüten, wenigstens in Form von Essenzen, enthalten muss. Ein lediglich durch Aromastoffe erzeugter Orangenblütengeschmack täuscht den Verbraucher.

Zum Sachverhalt:

Unter der Bezeichnung „Be. F. Mango-Orangenblüte“ vertrieb die Beklagte ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk, dessen Etikett eine Orangenblüte zeigte. Im Handel wurde das Getränk als „Wasser mit Geschmack“ oder „Near-Water“ bezeichnet. Es enthielt allerdings weder Orangenblüten noch Bestandteile hiervon. Auch wurden keine Orangenblütenessenzen verwendet.  Den Orangenblütengeschmack erzeugten lediglich Aromastoffe. Der klagende Wettbewerbsverband erkannte hierin eine unzulässige Bewerbung des Getränks und klagte auf Unterlassung.

Im Berufungsverfahren entschied das OLG Karlsruhe nun zugunsten des Klägers. Nach Ansicht des Oberlandesgericht erwecken die Darstellung der Orangenblüte und die Bezeichnung „Mango – Orangenblüte“ auf dem Etikett des Getränkes für die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, Orangenblüten oder Bestandteile davon seien als Inhaltsstoffe in dem Getränk enthalten. Hierdurch verstoße die Beklagte gegen das Irreführungsverbot aus § 11 Abs. 1 S. 1 LFGB. Der Unterlassungsanspruch des Klägers folge aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Die in dem Leitsatz I C. 4 aufgestellten Kriterien entsprechen auch der Erwartung eines durchschnittlichen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der die naturgetreue Abbildung von Früchten oder Pflanzenteilen auf dem Etikett eines Erfrischungsgetränks wahrnimmt. Ohne eine diesem Eindruck entgegenstehende Aufklärung wird ein solcher Verbraucher nämlich erwarten, dass Fruchtsaft und/oder Fruchtmark der abgebildeten Pflanze bzw. der Frucht in dem Getränk enthalten ist. Der Senat hat nicht zu beurteilen, ob der Verkehr dies möglicherweise dann nicht erwartet, wenn das Getränk keinerlei Färbung aufweist. Denn im Streitfall weist das Getränk eine gelbliche Färbung auf. Zwar ist das vorliegende Getränk ungetrübt, transparent oder durchsichtig. Die nicht zu übersehende gelbe Färbung gibt dem Verbraucher aber einen Hinweis auf einen zusätzlichen Inhalt, den er zusammen mit der abgebildeten Frucht oder dem abgebildeten Pflanzenbestandteil als Hinweis auf einen entsprechenden Gehalt des Getränkes deutet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich um ein Getränk handelt, das ganz überwiegend aus Mineralwasser beseht („Near-Water-Produkt“). Die als sachverständige Äußerung zugrunde zu legende Verbrauchervorstellung nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches kann daher grundsätzlich auch im Streitfall als Verbrauchererwartung zugrunde gelegt werden. Der Verbraucher stellt ein solches Getränk nicht einer klaren Limonade gleich. Von einer solchen Erwartung führt der Hinweis auf die „natürliche Calciumquelle“ weg.

Die konkrete Aufmachung des Etiketts wirkt der durch die Abbildung der Orangenblüte verursachten Irreführung nicht entgegen. (…) Zu Recht wendet sich der Kläger gegen die Annahme des Landgerichts, die abgebildete Orangenblüte werde von einem Verbraucher erst dann wahrgenommen, wenn dieser die Flasche in die Hand genommen und gedreht habe und dabei auch die textliche Beschreibung einschließlich des Hinweises auf Mango- und Orangenblütengeschmack wahrnehme. Das Landgericht hat bei der Annahme einer entsprechenden Verkehrsauffassung nicht hinreichend berücksichtigt, dass allein die Bezeichnung und die Abbildungen auf der vorderen Hälfte des Etiketts dargestellt sind. Ohne einen Hinweis auf der Vorderseite hat der Verkehr keinen Anlass, im Fließtext der Beschreibung oder im Zutatenverzeichnis weitere, vom ersten Eindruck abweichende Erkenntnisse über die Bestandteile des Getränks zu suchen. Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass der Verkehr bei der Abbildung einer Blüte anders als bei einer Frucht nicht im gleichen Maße davon ausgehe, dass diese Bestandteil des Getränks ist, widerspricht dies der sachverständigen Äußerung in den Leitsätzen, die ausdrücklich auch Pflanzenbestandteile aufführt. Anknüpfungspunkte für eine dieser sachverständigen Darstellung entgegenstehende Verkehrsauffassung hat die Beklagte nicht dargetan. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg in GRUR 1990, 137 – Pfirsich-Likör liegt kein vergleichbarerer Sachverhalt zugrunde. Dort war auf dem Etikett auf der Frontseite unten nicht übersehbar angeführt: „naturidentische Aromastoffe“. Diese Bezeichnung stand in Einklang mit den für Liköre geltenden gesetzlichen Vorschriften.“