In seiner Entscheidung vom 10.06.2008 (Az. 4 U 37/08) hat der 4. Zivilsenat des OLG Hamm Ausführungen zu § 4 Nr. 11 UWG und der Frage gemacht, ob eine automatische IP-Sperre eine unzulässige Behinderung von Wettbewerbern darstellt, die den Inhalt der Seite eines Mitbewerbers überprüfen wollen.

Der Klägerin ging es darum zu überprüfen, ob die Beklagte tatsächlich – wie beworben – 5.000 lieferbare Artikel im Angebot hatte. Dazu hat sie systematisch an einem Tag innerhalb von zwei Stunden 650 Internet(unter)seiten der Beklagten mit Produktlisten ohne detaillierte  Produktinformationen und ohne Bilddateien aufgerufen. Die Seitenaufrufe erfolgten dabei innerhalb der Baumstruktur von unten nach oben. Eine sogenannte IP-Sperre der Beklagten verhinderte nach Aufruf der 652. Seite weitere Zugriffe auf die Internetseite der Beklagten durch die Klägerin. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG, da sie von diesem virtuellen Hausverbot als Mitbewerberin gezielt behindert werde.

Von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits war die Frage, ob sich die Klägerin wie ein normaler Kunde verhalten habe und ob von dem Testverhalten der Klägerin die Gefahr einer Betriebsstörung ausgegangen sei. Die Beklagte trug dazu vor, dass die IP-Sperre dazu gedient habe, Zugriffe von Schwachstellenscannern und Spamsystemen zu verhindern.

Nachdem bereits das Landgericht Bielefeld (Az.: 15 O 201/07) die Klage abgewiesen hatte, wurde diese Entscheidung vom OLG Hamm bestätigt. Gem. der Entscheidung BGH Testfotos I (GRUR 1991, 843 f) sei für zulässige Testmaßnahmen zum einen Voraussetzung, dass sich der Tester wie ein normaler Nachfrager verhalte. Hinzu komme nach der Entscheidung des BGH zu Hausverbot II (GRUR 1979, 859 f), dass mit dem Verhalten des Testers die Gefahr einer Betriebsstörung verbunden ist. Letztlich musste eine Abgrenzung zur Entscheidung des BGH Testfotos III erfolgen. Dort hatte ein Tester in einem Geschäftslokal Fotoaufnahmen gemacht, um den Beweis eines Wettbewerbsverstoßes führen zu können. In einem derartigen Fall verlangt der BGH eine Interessenabwägung: Wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung zu befürchten ist, wird dem Interesse des Geschäftsinhabers, mögliche Betriebsstörungen zu verhindern, Vorrang eingeräumt. Das OLG Hamm hat die Situation im Bereich Internet anders gesehen als die Situation in einem Ladenlokal. Der Beklagten sei nicht zuzumuten, bei einem „verdächtigen“ Zugriff erst eine tatsächliche Störung eintreten zu lassen. Da das Sicherheitssystem der Beklagten reagiert habe, hätte eine potentielle erhebliche Betriebsstörung vorgelegen. Dagegen spreche auch nicht, dass Unternehmen, die nicht getestet werden wollten, äußerst sensible Sicherheitssysteme installieren könnten, bei denen eine IP-Sperre sehr schnell eingreift. Dies widerspreche der kaufmännischen Vernunft, da viele normale Kundenanfragen blockiert werden würden und damit der Geschäftsablauf gestört werde.

Die Beklagtenseite hatte ihrerseits Anschlussberufung eingelegt mit dem Antrag, der Klägerin zu untersagen, auf die Internetseite der Beklagten in einer bestimmten Art und Weise sowie Umfang zuzugreifen. Dieser Antrag wurde ebenfalls zurückgewiesen, da nicht klar sei, ob das Zugriffsverhalten der Klägerin tatsächlich die IP-Sperre auslöse. Die Beklagte hatte sich – verständlicherweise – dazu bedeckt verhalten, wie im einzelnen Ihre Sperre funktioniere.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, es läuft Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH.

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2008/4_U_37_08urteil20080610.html

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