Rechtsnormen: §§ 1, 4, 8 ProdHaftG

Mit Urteil vom 23.05.2013 (Az. 21 U 64/12) hat das OLG Hamm entschieden:

„Gelangen im Herstellungsprozess Fremdkörper in ein Fruchtgummi, die beim Biss auf die Kaumasse einen Zahnschaden verursachen, haftet der Hersteller das fehlerhaft hergestellte Produkt nach §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1, 8 ProdHaftG.“ (Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Der Kläger, ein Mitarbeiter eines Jugendvereins, nimmt die Firma HARIBO (Beklagte) auf Schadensersatz wegen einer Verletzung seiner Zähne durch ein fehlerhaftes Produkt der Beklagten in Anspruch.

Er führt aus, er habe beim Sommerfest seines Vereins eine „große Cola-Flasche“, die er aus einer herumgereichten Big-Box der Firma HARIBO herausnahm, in den Mund gesteckt. Beim Kauen des Fruchtgummis habe er ein Knacken eines Zahns und einen starken Schmerz verspürt. Bei näherer Betrachtung habe er in dem Fruchtgummi einen Stein bemerkt. Zudem habe er einen weiteren Stein bemerkt, auf den er bereits gebissen habe. Infolge des Bisses auf den Stein sei es zu einer Verletzung zweier Zähne und zu Schmerzen gekommen. Zudem leide er psychisch unter den Folgen des Erlebten. So habe er Angst vor einer erneuten Verletzung bei vergleichbaren Süßigkeiten, wodurch er einen Verlust seiner Lebensqualität erlitten habe. Er verlangt daher insgesamt EUR 10000,- Schmerzensgeld sowie den Ausgleich der Zahnarztkosten.

Die Beklagte widerspricht den Ausführungen und beantragt, die Klage abzuweisen.

Nachdem das erstinstanzliche LG Bielefeld die Klage abgewiesen hatte, entschied nun das OLG im Berufungsverfahren zugunsten des Klägers.

Das Gericht führt in seiner Mitteilung vom 23.05.2013 zu den Entscheidungsgründen aus:

„Nach den Feststellungen das Oberlandesgerichts hatte der Kläger ein von der verklagten Firma in Form einer Colaflasche hergestelltes Fruchtgummi gekaut und dabei auf in der Masse befindliche Fremdkörper, Partikel aus Putzmaterialien, gebissen. Diese waren bei der Herstellung in das Fruchtgummi gelangt. Durch den Biss auf einen der Fremdkörper hatte der Kläger an zwei seiner Zähne Schäden erlitten, so dass sie überkront werden mussten.

Die Feststellungen des Oberlandesgerichts beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere dem Gutachten eines im Termin als Sachverständigen angehörten Dipl.-Biologen und Dipl.-Chemikers aus Steinfurt. Der Sachverständige hat bestätigt, dass der Kläger ein Produkt der Beklagten gekaut haben könne – diese Überzeugung hat das Oberlandesgericht zudem aus früheren Zeugenvernehmungen gewonnen. Außerdem hat der Sachverständige bestätigt, dass sich in dem gekauten Fruchtgummi Partikel aus Putzmaterialien befanden, die bei der Herstellung in die Gelatine des Fruchtgummis gelangt sein müssen, und dass ein Kauen auf dieser Masse die vom Kläger erlittenen Zahnschäden herbeiführen kann. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen können auch hochoptimierte Produktionsprozesse in Einzelfällen derart fehlerhafte Produkte herstellen.

Nach den getroffenen Feststellungen trifft die Beklagte, so das Oberlandesgericht, eine Produkthaftung, weil sie ein mit einem Fehler behaftetes Produkt in den Verkehr gebracht hat und der Kläger hierdurch den in Frage stehenden Zahnschaden erlitten hat. Für diese Schäden hat das OLG Hamm dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro zugesprochen und eine Verpflichtung der beklagten Firma festgestellt, dem Kläger auch die Kosten der Zahnbehandlung zu ersetzen.“

Kommentar:

Das OLG Hamm gab dem Kläger nun in der Sache Recht. Allerdings erachtete es die geforderten EUR 10000,- Schmerzensgeld als deutlich zu hoch angesetzt und sprach dem Geschädigten immerhin EUR 2000,- Schmerzensgeld zu. Eine Revision wurde nicht zugelassen.