Rechtsnormen: § 477 BGB; § 4 Nr. 11 UWG

Mit Urteil vom 14.02.2013 (Az. 4 U 182/12) hob das OLG Hamm die rechtliche Bedeutung einer Garantieerklärung mittels bildlicher Darstellung bei eBay-„Sofortkaufen“-Angeboten hervor.

Zum Sachverhalt:

Mitte 2012 bot ein im Erzgebirge ansässiges Handelsunternehmen für Haushaltsgeräte (Beklagte) bei eBay einen Bodenstaubsauger der Marke „Dyson“ zu einem „Sofortkaufen“-Preis von EUR 318,50 an. Dem Angebot fügte die Beklagte fünf gleich große Bilder bei, wovon ein Bild die Zahl 5 zeigte. Darunter wurde die Angabe „5 Jahre Garantie“ vermerkt.

Die Klägerin ist Wettbewerberin der Beklagten und ließ die Beklagte anwaltlich abmahnen. Dabei ging sie davon aus, dass die Garantieerklärung nicht alle nach § 477 Abs. 1 S. 2 BGB notwendigen Angaben enthielt.

Die Beklagte gab hierauf durch Anwaltsschreiben eine Unterlassungserklärung ab, zahlte jedoch nicht wie gefordert die Anwaltskosten der Gegenseite iHv EUR 812,40 (auf Grundlage eines Geschäftswertes von EUR 15000,-).

Zur Anspruchsbegründung führt die Klägerin aus, der Garantiehinweis sei „optisch herausgestellt“ worden. Da die nach § 477 Abs. 1 S. 2 erforderlichen Angaben nahezu vollständig fehlten und insbesondere auch kein Hinweis erteilt werde, dass es sich um eine reine Herstellergarantie handele, würden die Verbraucher in die Irre geführt. Die Beklagte verstoße somit gegen § 4 Nr. 11 UWG iVm. § 477 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte hält dem entgegen, sie habe lediglich mit einer Garantie geworben und eine solche gerade nicht erklärt.

Das OLG Hamm folgte nun der Ansicht der Klägerin und erkannte in dem Foto eine unzulässige Werbung.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Das mit der Abmahnung gerügte Verhalten der Beklagten war unlauter i. S. d. §§ 3 Abs. 1; 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 477 Abs. 1 S. 2 BGB. Hinsichtlich der Angabe der Beklagten zu einer fünfjährigen Garantie liegt ein Verstoß gegen § 477 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Diese Norm hat europarechtlichen Bezug. Sie dient in Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG v. 25.05.1999 in das deutsche Recht dem Schutz der Verbraucher und ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln (BGH GRUR 2011, 638 – Werbung mit Garantie).

a) Gemäß § 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB muss eine Garantieerklärung (§ 443 BGB) den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, enthalten. Nach § 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB muss die Erklärung ferner den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, enthalten. Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Angabe bezüglich der Garantie nicht gerecht. Denn in dem in Rede stehenden Angebot wird dem Verbraucher lediglich die Dauer der Garantie mitgeteilt. Die sich aus § 477 Abs. 1 S. 2 BGB weiter ergebenden Pflichtangaben sind unstreitig nicht erwähnt worden. Insbesondere wird aus dem Angebot noch nicht einmal deutlich, ob es sich bei der in Aussicht gestellten Garantie um eine eigene des Anbieters oder eine solche des Herstellers handeln soll.

b) Die Angabe „5 Jahre Garantie“ ist als Garantieerklärung i. S. d. § 477 Abs. 1 BGB zu werten. Unter den Begriff der Garantieerklärung im Sinne dieser Vorschrift fallen (nur) Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen (BGH, GRUR 2011, 638). Hier beschränkt sich die Angabe nicht auf eine bloße „Werbung mit einer Garantie“, sondern bezieht sich auf ein konkretes Verkaufsangebot der Beklagten im Internet auf der Verkaufsplattform eBay. Abweichend vom übrigen Onlinehandel, wo eine vom Unternehmer auf seiner Internetseite angepriesene Ware oder Dienstleistung im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum – und allein hierüber verhält sich das Urteil des BGH GRUR 2011, 638 – nur zu Angeboten der Verbraucher einlädt, ist nämlich die Einstellung der Ware auf der eBay-Webseite ein rechtsgeschäftlich bindendes Angebot an den Interessenten, der dieses Angebot lediglich noch durch Betätigen der „Sofort-Kaufen“-Funktion annehmen kann (vgl. BGH NJW 2005, 53; OLG Hamburg MMR 2010, 400; OLG Köln MMR 2007, 713, Senat, Urteil vom 22.11.2011 – 4 U 98/11 -; s. auch Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 5 UWG Rn. 7.143: „Irreführend ist es, wenn ein Anbieter bei eBay unter der Option „sofort kaufen“ eine Ware anbietet und damit dem Verkehr signalisiert, dass es sich um ein bindendes Angebot handelt, obwohl seine AGB deutlich machen, dass sein Angebot nicht bindend sein soll (OLG Hamburg MMR 2008, 44, 45 = CR 2008, 116)“). Dass es sich hier um ein bindendes Verkaufsangebot der Beklagten handelte, folgt auch aus den AGB des Anbieters der Internetplattform eBay. So lautet § 11 Nr. 1 der AGB:

„Stellt ein Anbieter einen Artikel im Angebotsformat Sofort-Kaufen ein, gibt er ein verbindliches Angebot ab, dass andere Mitglieder den Artikel zu dem angegebenen Preis erwerben können. Der Vertragsschluss kommt zustande, wenn ein Mitglied die Schaltfläche „Sofort-Kaufen“ anklickt und den Vorgang bestätigt.“

Die Frage, welche Bedeutung dem Hinweis auf eine Garantiezeit von fünf Jahren im vorliegenden Angebot zukommt, ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts zu beantworten. Die angesprochenen Verbraucher sehen in der beworbenen Garantie einen (vorteilhaften) Bestandteil des Angebots der Beklagten. Die Beklagte bietet hier aus ihrer Sicht das Gerät mit einer fünfjährigen Garantie an und stellt dies in Zusammenhang mit der Produktbeschreibung besonders heraus. Die Garantie ist somit ein besonderes Marketinginstrument (Senat, Urteil vom 05.04.2011 – 4 U 221/10 -). Die Aufspaltung des einheitlichen Geschehens „Kauf mit Garantie“ in einerseits „Kauf“ und andererseits „Ankündigung eines noch abzuschließenden Garantievertrags“ ist mit der Verkehrsanschauung nicht zu vereinbaren (vgl. OLG Hamburg, MMR 2010, 400). Demnach ist hier auch vom Vorliegen einer Garantieerklärung und nicht lediglich von einer diesbezüglichen Werbung auszugehen.

c) Die Angabe „5 Jahre Garantie“, die Bestandteil des vorliegenden Verkaufsangebots ist, betrifft unstreitig eine sog. Herstellergarantie. Auch auf eine solche Garantie ist § 477 BGB  anwendbar (Palandt/Weidenkaff, 72. Aufl., § 477 BGB, Rn. 3). Das von der Beklagten zitierte Urteil des BGH im Verfahren I ZR 174/10 (GRUR 2012, 730 – Bauheizgerät) rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des vorliegenden Falles. Zwar hat der BGH im dort zu entscheidenden Fall, der ebenfalls ein Verkaufsangebot bei eBay betraf, das Vorliegen einer Garantieerklärung verneint, weil eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum aufzufassen sei (BGH, GRUR 2011, 638 Rn. 32 – Werbung mit Garantie, m. w. N.). Der BGH hat weiter ausgeführt, es sei weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die dortige Beklagte bereits in der zum Gegenstand des Verbotsantrags gemachten Werbung für den Verkehr erkennbar durch den dort enthaltenen Hinweis auf die Garantie in vertragsmäßig bindender Weise eine Beschaffenheitsgarantie übernommen habe. Im vorliegenden Fall kann indes festgestellt werden, dass in vertragsmäßig bindender Weise eine Garantieerklärung abgegeben worden ist, zumal es sich nicht nur um eine Werbung, sondern – wie ausgeführt – um ein bindendes Angebot handelte.

4. Es liegt kein Bagatellfall i. S. des § 3 Abs. 1 UWG vor, weil § 477 BGB eine wesentliche Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher statuiert (vgl. Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 3 UWG, Rn. 149). Wer die Garantiewerbung als ein besonderes Marketinginstrument einsetzt, muss auch umfassend über die beworbene Garantie informieren, um die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers zu vermeiden. Tut er das nicht, beeinträchtigt er spürbar die Interessen des Verbrauchers, der gerade zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung über alle erforderlichen Informationen verfügen muss, um den Wert der Garantie und damit des Angebotes beurteilen zu können. Durch Unklarheiten in Zusammenhang mit der Garantiewerbung kann es daneben auch erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb zu Lasten von Mitbewerbern geben, die die Bedingungen klarstellen oder um der Klarheit willen auf solche Werbung mit Herstellergarantien verzichten (Senat, Urteil vom 05.04.2011 – 4 U 221/10).“

Kommentar:

Das OLG Hamm macht mit seinem Urteil deutlich, dass sich eBay-Verkäufer der Tragweite Ihrer dem Angebot beigefügten Bebilderung im Klaren sein müssen.

Unsere u. a. auf das Wettbewerbsrecht spezialisierte Kanzlei berät Sie zu Fragen zu Ihren Internet-Angeboten und Online-Shops.